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Berit Freutel: “Astrologisch gesprochen …”

Ein radikaler Lebenswandel und Berit Freutel stellte ihr Leben radikal um, wanderte nach Los Angeles aus und lernte Astrologie. Wir haben Freutel zurück im weihnachtliche Wien “erwischt” und sie einiges gefragt. Wer Astrologie lernen möchte oder sich für die “neue Art” Astrologie zu lesen interessiert, ist hier richtig, denn Berit hat einige Tipps mit im Gepäck und ist auf Instagram unter THE URANIAN APPROACH zu finden.

 

Erzähle uns doch bitte: Wie bist du zur Astrologie gekommen?

Berit Freutel: “Astrologie hat angefangen mich zu faszinieren seitdem ich 30 bin. Um das 29. bzw. 30. Lebensjahr haben wir unseren sogenannten ‘Saturn return’. Das bedeutet eine Phase des Erwachsenwerdens. Ich war bei verschiedenen Astrologen, habe Readings gebucht, Seminare besucht und Bücher gelesen. Und dann 2009 hat der transiting Pluto meinen natal Moon (im Steinbock) ‘attackiert’. Das ist ein lebensverändernder Transit. Mein ganzes Leben hat sich damals verändert – und ich auch. Ich bin nach L.A. gezogen, habe meinen Job und mein Leben hinter mir gelassen. Es war wie ein Tod und eine Widerauferstehung.”

 

Wie kann man sich unser Horoskop vorstellen? 

Berit Freutel: “Unser Geburtshoroskop ist ein Schnappschuss des Moments unserer Geburt und bleibt, wie ein Fingerabdruck ein Leben lang gleich. Die Planeten im Kosmos bewegen sich aber weiter und wirken auf dieses Geburtshoroskop ein. Besonders wenn ein langsam laufender Planet, wie Uranus, Neptun oder Pluto einen Geburtsplaneten ‘berührt’ spürt man das. Es ist eine Art kosmische Einladung zur Veränderung und zur Transformation.”

“Ich verstehe durch die Astrologie so viel, lerne über mich und andere Menschen. Kann erkennen, warum was mit mir passiert. Kann navigieren, gestalten, meine Potentiale und die andere Menschen erkennen – und idealerweise nutzen.”

 

Und wie ging es dann weiter?

Berit Freutel: “Seit 4 Jahren studiere ich intensiv und jeden Tag Astrologie auf der Astrology University, einer amerikanischen Online Education Platform, auf der wir die besten Astrolog:innen als Lektor:innen haben: Es gibt Lesungen, Vorträge, Examen, praktische Übungen – das ganze Programm. Ein akademisches Studium, als solches ist es nur leider noch immer nicht anerkannt.”

 

berit freutel

 

Astrologische Fachtermini, wie “Mercury Retrograde” sind bereits in den allgemeinen Sprachgebrauch vorgedrungen und auf Social Media Apps wie TikTok erlebt Astrologie einen wahren Boom. Wie nimmst du als Astrologin die “Salonfähigkeit” der Astrologie wahr?

Berit Freutel: “Mercury Rx, Venus Rx und jetzt ist Mars gerade Rx. Dann der berühmte ‘Saturn Return’ mit dem Motto ‘Grow Up or Go Home!’, die ‘Uranus Opposition’ – wie eine Midlife crisis – oder die Eclipsen …  Alles Begriffe, die auf den Sozialen Medien boomen, weil es Schlagworte sind – und Schlagworte verkaufen sich super. Natürlich macht es Spaß die Sternzeichen zu überzeichnen oder Pauschalaussagen zu treffen. It’s Entertainment und – why not.  Dennoch: Astrologie kann man nicht in einfach neben seinem Matcha Latte schlürfen. Die Gefahr ist, dass die Astrologie im ‘Zuckerpackerl Stadium’ hängen bleibt. Jedoch ist die Jungfrau so viel mehr als “penibel” und “perfektionistisch”, denn Jungfrau ist nicht gleich Jungfrau, sonst gäbe es ja nur 12 verschiedene Typen Mensch auf diesem Planeten.”

 

Was trägt aber dann diese “Pop-Astrology” dazu bei? 

Berit Freutel: “Dass die Menschen offener werden, und mittlerweile ihren Aszendenten oder sogar ihr Mondzeichen kennen. Ein Anfang! Astrologie, wenn man sie ernst nimmt und sich einlässt, ist ein super tool sich selbst und andere zu erkennen, zu verstehen. And I’m all in for that! Je tiefer man eintaucht, desto selektiver wird man – und findet heraus, welchen kosmischen Quellen man vertraut, und wie man es mit einem räsoniert. Eine Session, also Reading, mit einem versierten, ausgebildeten und idealerweise erfahrenen Astrologen bzw. Astrologin ist ein Game Changer und ich kann nur jedem dazu raten. Meine Mission: Ich möchte dazu beitragen, der Welt seriöse Astrologie zu geben, die trotzdem Fun ist.”

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Berit Freutel illustriert ihre Horoskope selbst.

 

Was genau kann Astrologie “mehr” als nur Sternzeichen erklären

Berit Freutel: “Astrologie hat Namen und Symbole für all das, was wir tief in uns fühlen, oft aber nicht so richtig ausdrücken oder zuordnen können. Sie hilft uns dabei die Türen zu unserer Seele, unserem Kern, zu öffnen.”

 

Wie kann man sich sein eigenes Horoskop denn am besten mit allen Zahlen und Konstellationen vorstellen?

Berit Freutel: “Ich liebe die Dinner-Party-Analogie. Und die geht so: Ein grafisch dargestelltes Geburtshoroskop ist rund und sieht aus wie ein Esstisch. Du bist der Gastgeber und die eingezeichneten Planeten and dem Tisch sind die Gäste. Diese sind die Persönlichkeitsanteile in dir. Sie alle haben Wünsche, Ängste, Träume und Probleme. Ein Gast ist beispielsweise etwas, was wir wollen (Mars), ein anderer symbolisiert wie wir lieben (Venus), ein weiterer Gast symbolisiert unsere emotionalen Bedürfnisse (Mond). Jupiter steht für unsere Werte, woran wir glauben. Wieder ein anderer Gast (Merkur) steht für was wir denken, wie wir reden, unsere Ideen. Diese Gäste sitzen am Tisch und die Sitzordnung ist fix verankert im Geburtshoroskop. Dabei können auch Konflikte entstehen, denn nicht alle Gäste mögen sich. Es ist aber unsere Rolle als Gastgeber:in, dass alle Gäste happy sind. Es bringt also nichts den verhassten Onkel Bill zu mobben, denn er ist Teil von uns. Die Integration ist der Schlüssel. Sich selber erkennen heißt alle Anteile in sich zu sehen. Auf die Astrologie übertragen: es gibt keine desaströsen Zeichen, Placements oder Aspekte. Jede Chart hat Potential und man kann das Beste aus ihr herausholen.”

“Wir alle haben alle innere Widersprüche – und wenn wir die erkennen, sie annehmen und mit Ihnen arbeiten statt dagegen, fühlen wir uns verstanden und weniger crazy.”

 

Und wo liegt die Rolle der Astrolog:innen bei dieser “Dinner Party”?

Berit Freutel: “Awareness is key. Ein Astrologe bzw. Astrologin hilft dabei, die ‘Partygäste’ zu sehen und zu hören, sie anzunehmen. Und wenn man einem zuhört, kann man oft an der Wortwahl sehen welcher ‘Gast’ spricht! Wir alle haben alle innere Widersprüche – und wenn wir die erkennen, sie annehmen und mit Ihnen arbeiten statt dagegen, fühlen wir uns verstanden und weniger crazy.”

 

Erzähle uns doch bitte, wie du deinen Alltag nach der Astrologie gestaltest?

Berit Freutel: “Ich checke nicht jeden Tag meine Transite und ich mache mich auch nicht verrückt, wenn Merkur rückläufig ist. Man muss das Leben leben – und Astrologie soll es nicht bestimmen sondern unterstützen. Wenn ein ‘challenging transit’ ansteht, dann ist das ‘good to know’: Regenjacke anziehen und sich drauf einlassen. Ich bin ein Fan der äußeren Planeten, der sogenannten Langsam-Läufer: Uranus Neptun und Pluto. Wenn einer davon das Geburtshoroskop “berührt”, dann – BIG BELLS RING! – macht es Sinn damit zu arbeiten. Ich mag auch den Mond und mache oft kleine Neumond-Rituale. Als Krebs-Aszendent bin ich ihm besonders verbunden.”

 

berit freutel astrologin

 

Wie arbeitest du als professionelle Astrologin?

Berit Freutel: “Ich arbeite gerade an meiner Identität als Astrologin, um meinen Platz ‘zwischen den Sternen’ zu finden. Mein Ziel: Ich möchte mit meinem URANIAN APPROACH Astrologie fun aber seriös und informativ gestalten; den Leuten auch Wissen zu vermitteln, damit sie Astrologie selber nutzen könne. Gleichzeitig will ich mich künstlerisch auszudrücken. Auch Produkte sind in Planung – dafür am besten auf Instagram folgen. Für mich ist Astrologie Kunst – und sehr individuell. Wie Musik.”

 

Besonders in unsicheren Zeiten suchen viele Menschen nach mehr Sicherheit. Was ist in diesem Punkt die Astrologie und was nicht? Wo entstehen vielleicht die Missverständnisse in der Erwartung an sie?

Berit Freutel: “Menschen wollen schnelle und praktische Antworten und Lösungen für ihre Probleme und die Zukunft wissen. Ideal wäre eine Pille oder eine to-do-Liste, die man abhaken kann und dann ist alles wieder gut. Aber so funktioniert Astrologie – und das Leben – nicht. Astrologie kann helfen Aufmerksamkeit zu bekommen, zu verstehen wie man tickt. Sie ist ein Weg von vielen sich selbst zu erkennen, seinen Platz auf der Welt zum finden und das beste aus uns herauszuholen.”

“Gute Astrolog:innen stellen Fragen – und geben keine Antworten. Das muss jede:r selber machen. Aber die richtigen Fragen öffnen Augen!”

 

berit freutel

 

Wie gestaltest du eine Beratungssession?

Berit Freutel: “Es kommt wirklich immer auf den/die Klient:in an und ob es konkrete Fragen gibt. Zuerst male ich die Chart mit der Hand. Das macht Spass und ich kann mir dann die Planeten und ihre Positionen besser merken, die auf der Chart zu sehen sind. Das Bild schicke ich den Klient:innen immer vorab. Dann beginne ich mit der Geburtskarte – auch natal chart genannt – und schaue, was für mich heraussticht, was der ‘main plot’ des Lebens des jeweiligen Menschen ist. Oft steige ich mit den ‘big 3’ ein, Sonne, Mond und Aszendent – das gibt einen Überblick. Oder ich schaue mir das Temperament an: Hat der Mensch viel Feuer oder gar keines? Welche Modalitäten herrschen vor: Cardinal (doing), fixed (unbeweglich) oder mutable (flexibel). Und natürlich schaue ich mir die aktuellen Transite an – dort konzentriere ich mich vor allem auf die äusseren Planeten, weil die mehr “Power” haben (Uranus, Neptun, Pluto). Gerne auch Mars, der ein Trigger sein kann. Oder Saturn und Jupiter.

 

Was für Feinheiten gibt es denn da noch im Horoskop?

Berit Freutel: “Ich liebe Solar Arcs, eine spezielle Technik, die zusätzlich zu den Transiten aktuelle Ereignisse im Leben beleuchten können. Und die Mondknoten, die sich mit der Grundausrichtung des Lebens beschäftigen und eine karmische Komponente haben. Aber ein Reading ist ein Dialog. Es geht nicht darum, dass ich den Klient:innen erkläre, wer sie überhaupt sind. Man kann ein und dieselbe Chart ganz unterschiedlich lesen.  Ich versuchen den Klient:innen zu helfen ihre inneren Stimmen zu hören und zu verstehen.”

“Astrologie ist eine Sprache der Symbole und hat sehr viel mit Interpretation zu tun.”

– Berit Freutel

 

berit freutel

 

Es gibt viele, die Astrologie lernen möchten. Womit fängt man am besten an?

Berit Freutel: “Ich finde es wichtig, von mehr als nur einem einzigen Astrologen bzw. Astrologin zu lernen. Je breiter man sich fächert, sich andere Stimmen und Ansätze anschaut, umso mehr Überblick bekommt man. Astrologie ist eine Sprache der Symbole und hat sehr viel mit Interpretation zu tun. Es gibt nicht “die eine Wahrheit”. Und nicht jeder Astrolog:in passt zu jedem, denn auch diese haben eine ‘natal chart’ und eine Persönlichkeit. Ich glaube fest daran, dass man die zur eigenen Persönlichkeit passenden Klient:innen anzieht – und umgekehrt dass jeder ‘seinen’ Astrolog:in findet. Deshalb finde ich es wichtig, eine fundierte Grundlagen Ausbildung zu haben. Nach ein paar webinars und Büchern ist man noch lange kein Astrologe. Leider denken das viele und starten ihr Astro-Instagram und bieten Readings an. Man hat sehr viel Verantwortung, denn viele Menschen denken der Astrologe weiss etwas über sie, was sie selber nicht wissen. Das stimmt so natürlich nicht, dennoch hängen Klient:innen an deinen Lippen und Sätze prägen sich ein.”

 

Hast du Astrologie-Bücher, die du empfehlen kannst?

Berit Freutel: “Zwei Bücher habe ich immer bei mir: The Contemporary Astrologer’s Handbook und Aspects in Astrology, beide von Sue Tompkins. Auch super: The Gods of Change von Howard Sasportas. Darin findet man alles über Transite von Uranus, Neptun und Pluto. Healing the Soul und The Soul Speaks von Mark Junes. Brian Clark’s Vocation – da geht’s um die Frage nach dem ‘Was soll ich hier auf der Erde?’. Brian Clark hat auch Top-Bücher über Synastry [Beziehungsastrologie, Anm.] geschrieben, wie From The Moment We Met. Auch toll: The Inner Planets von Liz Greene und Howard Sasportas.”

 

… und Astrologie-Podcasts?

Berit Freutel: “Ich höre gerne Podcasts. Mein Favorit: Jessica Lanyaddo’s ‘Ghost of a Podcast’. Sie bringt jeden Sonntag eine Episode heraus und macht ein Live-Reading. Dazu checkt sie dann die Transite der Woche.”

 

Gibt es Astrolog:innen, die für dich Vorbilder bzw. Mentor:innen sind?

Berit Freutel: “Meine Mentorin und mein Vorbild ist Jessica Murray, sie lebt und arbeitet in San Francisco und ist auf Instagram unter @motherskyastrology zu finden. Tony Howard, der Gründer und Herz der Astrology University, hat mir geholfen all das zu lernen was ich heute weiß. Steven Forrest ist super für Einsteiger. Mark Jones ist der Held der Mondknoten und geht in seinen Deutungen wirklich in die Tiefe. Wer Mythologie mag: Safron Rossi (Pacifica Santa Barbara) mit archetypaleye oder Jason Holley.”

 

Credits: Fotos von von Dania Graibe, Illustrationen von Berit Freutel

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