
Contemporary Art: Young Rebels We Love!
Biennale, Art Basel Miami, Documenta. Die Kunstwelt ist mittlerweile zu einem Wanderzirkus geworden, der sich in regelmäßigen Abständen rund um den Globus bewegt. Im Spannungsfeld zwischen dem Kunstmarkt und der Kritik an diesem bewegen sich viele junge Kunstschaffende, wie Verena Dengler. Abbildungen und Exponierungen des weiblichen Körpers in unserer stark medialisierten Welt (Stichwort Social Media) sind Ausgangspunkt der US-Künstlerin Signe Pierce, die seit ihrem ersten Erscheinen in den Medien weltweit für Furore sorgte. Ihr Kollege, Simon Mullan, hingegen hält sich der Exposition in der Kunstwelt fern, um von jeglichen Zwängen frei zu sein.
Wie man sieht: 3 Rebels, ganz auf ihre eigene Weise.

Metamedia Sculpture, Photo Courtesy Signe
Signe Pierce
Selten hat sich der Feuilleton so viele Namen für eine so junge Künstlerin ausgedacht. “Techno-Domina” (Deutschlandfunk) oder “Cyberfeministin” (Paper Mag) sind da zu lesen und schon mal plakative Beschreibungen für Signe Pierce, die aus Tucson, Arizona, stammt. Die 30-jährige hat sich selbst zum Kunstwerk erklärt, “verformt” ihren Körper, um dem Schönheitsideal von Instagram zu entsprechen und ist für ihre neonfarbenen Arbeiten bekannt, die optisch zwischen “Miami Vice” und “Grand Theft Auto” changieren. Pierce, die an der School of Visual Arts in Manhattan studierte, performte 2013 in ihrem Debüt “American Reflexxx”. Darin wandelte sie mit einer verspiegelten Maske und im Minikleid durch die Straßen von Myrtle Beach in South Carolina. In den Szenen wird sie beleidigt und sexuell belästigt. “American Reflexxx” ging viral und hat – selten für ein Kunst-Video – über 1,7 Millionen Views auf YouTube. In ihrem neuesten Projekt wird sie selbst zum Instagram-Star, nahm für ihre “Rolle” 10 Kilo ab und überträgt schon mal ihre Performances live auf die Social Media Plattform. In der Berliner Galerie EIGEN+ART Lab will sie derzeit die Kreditkartennummern und andere persönliche Details von ihren Besuchern wissen. Gar nicht so bizarr, wenn man bedenkt, dass diese höchstpersönlichen Informationen Social Media Plattformen längst bekannt sind.
Signe Pierce ist in Wien in der Galerie Halgand zu finden.

Verena Dengler, Dengled Up In Blue, Ausstellungsansichten, Galerie Meyer Kainer, Wien, 2014-2015 Courtesy Galerie Meyer Kainer, Wien, Foto: Marcel Koehler
Verena Dengler
Dengler bekam nach ihrem Studium an der Akademie der Bildenden Künste einen Lehrauftrag an der Haute école d’art et de design in Genf, war Artist in Residence in Schweden (University of Fine Arts Umeå) und gewann Preise, wie den Museon Prize 1 in Bozen (2017) oder den Strabag Art Award International (2018). An über 60 Ausstellungen – von der New Museum Triennale New York bis zur Kunsthalle Zürich – hat Dengler mitgewirkt und darin den Grundtenor ihrer Arbeiten in Form von feministischen Statements stets beibehalten. Mit “Dengled Up in Blue” (2014) bezog sie beispielsweise Stellung gegenüber den gegenwärtigen Realitäten der Kunstszene und reflektierte ihre Rolle darin als Künstlerin. Ebenso kritisiert sie Kunst, die rein für den Profit des Kunstmarktes produziert wird.
Dengler, die sich in ihren Kunstwerken auch visuell “einbaut”, ist auf kein Medium festzumachen. Malerei, Bildhauerei, Texte (auch als Opernkritikerin unterwegs), Performance Art. Dabei nimmt sie auch Rücksicht auf handwerkliche Pionierleistungen von Frauen, die in ihren Werken verankert werden.
Persönlich findet Dengler den Hype um sie absolut gerechtfertigt, wie sie gegenüber dem PARNASS Magazin erklärte. Schließlich sollten auch Frauen ihren männlichen Kollegen in Sachen Größenwahn um nichts nachstehen und ihre eigene Kunstkarriere pushen.
Verena Dengler ist in Wien in der Galerie Meyer Kainer zu finden.

Simon Mullan, Kilian 2015, Fliesen und Holz, Foto: Galerie Halgand
Simon Mullan
Was Bomber-Jacken und Badezimmerfliesen gemeinsam haben? Viel. Für Simon Mullan sind beide Elemente prägend gewesen, verbinden sie für ihn doch Aspekte seiner eigenen Biographie. In Kiel geboren, studierte Mullan in Wien und Stockholm. Von seinem Vater angeregt, lernte er Fliesenlegen. Bomberjacken blieben ihm durch seine Begegnungen mit Nazis auf den Straßen Wiens im Gedächtnis. Die Jacken zerlegte er in Einzelteile, nähte sie neu zusammen. Auf eine Leinwand aufgebracht, nehmen sie dadurch eine dechiffrierte Eindimensionalität (Serie “Alpha”) an, die den Ursprung fast nicht mehr erkennen lässt. Die “abgezogenen Häute” von dem was von den Jacken noch übrig bleibt, wurden wieder aufgehängt.
Skulpturen, wie “Popularis (A Monument for the Common)” oder Kilian (siehe Foto), werden aus Fliesen von Mullan gefertigt. Durch ihre Geradlinigkeit sehen sie durchgeplant aus, entstehen allerdings intuitiv im Arbeitsprozess. Mit der Kunstszene kann er genauso wenig anfangen, wie mit Geschäften für Künstlerbedarf. Es ist wahrscheinlicher, dass man ihm im Baumarkt antrifft, wie er erzählte.
Mullans Werke sind in Wien in der Galerie Halgand zu sehen.