Florine Imo

Florine Imo: Über ‘unperfekte’ Göttinnen und ihre Kunst

Florine Imo berechnet mit dem Pinselstrich die Dimensionen ihres eigenen Universums, stellt sich vor, es gäbe Portale die sie male. Dahinter verborgen: Ihre Charaktere, die schon immer existierten.

Dies als kurzes Intro zu einer Künstlerin, die mit ihren bunten, aussagekräftigen Werken den Betrachtenden im Gedächtnis bleibt. Ihre Protagonistinnen, die Florine Imo als “imperfect goddesses” im #jungbleibenInterview beschreibt, scheinen mit direktem Blick Seelengeheimnisse entschlüsseln zu können. Aber lassen wir Florine Imo am besten selber erzählen.

Florine Imo

Die Charaktere deiner Arbeiten grinsen verschmitzt und verunsichern dadurch. Ist es, weil die Protagonist:innen eine rohe Authentizität vermitteln?

Florine Imo: “Meine Figuren verinnerlichen eine Komplexität an Charakteren. Sie sind ‘Main Character’ meines Universums, vielleicht auch zu einem Teil Göttinnen, die uns allen innewohnen. Meine Figuren haben über die Jahre eine Entwicklung vollzogen. In Diskussion mit anderen Kunstschaffenden fiel einmal der Begriff ‘Girly Painting’ über meine Arbeiten. Davor habe ich mich nie mit diesem Begriff auseinander gesetzt oder dem Aspekt, warum ich hauptsächlich feminine Figuren male. Der Begriff ‘Girly Painting’ hinterließ bei mir einen bitteren Nachgeschmack. Es sollte wohl nicht als Kompliment verstanden werden. So erschuf ich meine Imperfect Goddess Serie. Hier wurden unserem Schönheitsideal entsprechend, attraktive Figuren mit viel Haut gezeigt. Die Gesichter waren jedoch von einem übertriebenen, grauslichen Lächeln überzogen.”

Welche Inspiration liegen ihnen zu Grunde? 

Florine Imo: “Die Szenerie dieser Serie war an Teenie-Dramen aus den 2000er, wie z.B. ‘Mean Girls’, angelehnt. Der Grinser war anfangs ein kleines F*ck you, welches sich über die Zeit zu einem komplexen Aspekt meiner femininen Figuren entwickelte. Dieser Grinser ist heute Teil meines Vokabulars. Mittlerweile sprechen meine Girls aber noch mehr Themen an, sind entspannter und stärker geworden.”

Florine Imo

Wie gehst du mit mysogynistischen Kommentaren um? 

Florine Imo: “Ich denke, je ‘weiblicher’ die Kunstform und deren Bildsprache ist, desto öfter fallen diese Kommentare. Ja, ich bin eine Frau, die Frauen malt. Bin ich Feministin? Logisch. Ist das alles worüber sich meine Bilder und Ideen auseinander setzen? Natürlich nicht. Als Frau kann man weibliche Figuren malen und ‘weiblich assoziierte Farben und Objekte’ verwenden – was auch immer das sein soll – und es ist trotzdem ernst zu nehmen. Auch wenn manche Akteur:innen der Kunstbranche denken, dass man als junge, attraktive Frau nur ernst genommen werden kann, wenn man eine ‘männlichere Kunstform’ wählt. Ich habe aber keinen Bock auf Stahl oder Steinmeißel – meine Girls sind tough enough!”

florine imo

Welche Emotion ist es aktuell, die fasziniert?

Florine Imo: “Im Moment interessiert mich das Gefühl in einer Gruppe, einem Rudel zu sein. Auch das ist eine neue Serie von mir. Es interessiert mich aber auch das Gefühl von Machtverhältnissen zwischen meinen Figuren und wie diese aufeinander reagieren. Oft stelle ich mir vor, dass diese Protagonist:innen auch ohne meine Kreation schon existieren und ich dann durch die Leinwand ein Portal in ihre Dimension male.”

“Ich hab keinen Bock auf Stahl oder Steinmeißel – meine Girls sind tough enough.” – Florine Imo

 

Florine Imo

“Golden Fruit” und “Knight of Swards”

Die Darstellung deiner weiblichen Figuren beziehen sich auf die aktuelle, mediale Wahrnehmung von Frauen. Welches feministische Kommentar findet man in deinen Arbeiten?

Florine Imo: “In meinem Studium habe ich mich unter anderem mit Themen rund um Social Media, die Repräsentation der eigenen Person in diesen und dem von der Werbung kreierten Trugbild, auseinandergesetzt. Nun male ich hauptsächlich weibliche Figuren. Heute stelle ich mich bewusst neben meine Bilder. Die Betrachtenden können so meine Person und meine Bilder zusammen sehen und urteilen.”

Was ist dein persönlichstes Werk, das einen der wichtigsten Lebensmomente widerspiegelt?

Florine Imo: “Ich würde nicht behaupten, dass ich wirklich die wichtigsten Momente gemalt habe, denn da hätte ich meine Geburt malen müssen oder als ich mir als Kind die Schneidezähne ausgeschlagen habe, etc. Wenn ich ein Bild nennen soll, fällt mir eines ein, welches ‘Once upon a time in Vienna’ heißt. Das habe ich 2019, als ich noch ganz am Anfang war, gemalt – ein Big Deal für mich. Nach der Ausstellung fand eine große Party statt und am Schluss waren ein paar Leute zu viel in meiner Badewanne. Den Moment habe ich auf Leinwand verewigt und 2021 verkauft.”

Florine Imo

“New Character unlocked”

Würdest du es noch einmal verkaufen?

Florine Imo: “Rückblickend hätte ich es doch gerne im Wohnzimmer aufgehängt. Generell ist es aber wichtig sich von den Bildern trennen zu können. Ich schau dann immer auf meine rechte Hand, werde mir meines Gehirns bewusst und tröste mich, denn ich weiß, die beiden können ja einfach noch ein geiles Bild malen.”

Die Popularität rund um Contemporary Art nimmt gerade richtig Fahrt auf. Wie schwierig ist es als Künstler:in in diesem Umfeld zu bestehen?

Florine Imo: “Es ist gut, dass sie gerade Fahrt aufnimmt! Besonders die figurative Malerei, was mir zugute kommt. Ich habe bis jetzt dieses Jahr bei 12 Ausstellungen mitgemacht. Eine davon war eine Solo-Ausstellung. Rückblickend verrückt! Ich bin froh, dass mir noch nicht der Arm vom vielen Malen abgefallen ist. Bevor es so los ging, war es aber natürlich schwer sich einzureden, dass das mit der Malerei funktionieren wird. Gerade in Pandemiezeiten war das ein Albtraum.

Florine IMo

Florine Imo mit “The fairest of them all”

Und wie motivierst du dich?

Florine Imo: “Man muss an sich und seine Fähigkeiten glauben, keine Angst haben und sich denken ‘Scheiß drauf, ich mach mein Ding’. Dann geht das schon. Plan B gibt es nicht.”

Verrate doch bitte, welches Thema als nächstes bearbeitet wird!

Florine Imo: “Ich gehe für zwei Monate nach London und werde Bilder für meine Solo-Ausstellung im Februar malen. Dort werden ein paar neue Charaktere vorgestellt auf die ich mich schon wahnsinnig freue. Es wird floral, animalisch und intensiv. Zugehörigkeit, Machtverhältnisse, Geheimnisse und Romantik sind Begriffe, die mir gerade im Kopf herumschwirren und ich kann kaum erwarten, was noch so alles reingeflogen kommt!”

Florine Imo

“Universe in my mind” und “Schlapfn 2”

 

 

Fotos: Florine Imo & Kataneva Photography 

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