
Hut & Stiel zieht Pilze aus Kaffee und zeigt wie Urban Farming funktioniert
Da werden wir nicht zum Schwammerl! Hut & Stiel ist ein innovatives Wiener Unternehmen, das sich nicht nur zum Ziel gemacht hat erstklassige Austernpilze für Feinschmecker zu züchten, sondern ihr Wissen an der nachhaltigen Pilzzucht weiter zu geben.
Für Schwammerlzüchter Manuel Bornbaum ist der Austernpilz einer mit einer “Superkraft”, denn er “verwertet die Nährstoffe mancher organischen Abfälle” und schmeckt darüber hinaus auch noch sehr gut. Fettarm, ballaststoffreich kann er für viele Speisen in der Küche angewendet werden, seine Konsistenz erinnert dabei an Rindfleisch, weswegen er manchmal auch Rindfleischpilz genannt wird.
“Ursprünglich stammt die Idee aus Japan”, erklärt Manuel Bornbaum die lange Reise der besonderen Austernpilzzucht, die auf gesammelten Kaffeesatz bei Hut & Stiel basiert. “Nach Europa wurde die Idee durch Gunter Paule – einem belgischen Schriftsteller und Begründer der ‘Blauen-Ökonomie’ gebracht. Wir sind in einem Uni-Seminar [die beiden Gründer studierten an der Wiener BOKU, Anm.] per Zufall darüber gestolpert und waren sofort gefesselt von der Idee, sodass wir uns sofort an die Arbeit machten. Zu dieser Zeit hatten wir keine Ahnung von der Pilzzucht – das war etwa Mitte 2014.” Seit 2015 sind die beiden selbstständig und haben zwei Jahre später sogar den Greenstar Award dafür geerntet. Ihren ersten “Acker” starteten die beiden im 20. Wiener Gemeinedebezirk.
Doch wie funktioniert die Austernpilzzucht bei Hut & Stiel?

Foto: Elena Seitaridis

Foto: Elena Seitaridis
Hut & Stiel hat einen eigenen “Schwammerlkreislauf” entwickelt, um möglichst nachhaltig mit den Rohstoffen zu verfahren. Kaffeesatz (und davon haben wir in den Wiener Kaffeehäusern ja einigen) wird mit Lastenfahrrädern gesammelt und als Substrat für die Pilze eingesetzt. Nach der Ernte wird der ehemaligen Schwammerlnährboden kompostiert.
Auch jene Pilze, die es nicht auf den Teller schaffen, werden verarbeitet und können als Sugos, Pestos oder Austriche gekauft werden. Die Austernpilze werden nicht nur bei ausgewählten Parntner verkauft, sondern landen auch in der gehobenen Gastronomie (z.B. Motto am Fluss, Ströck Feierabend) auf dem Teller.
“Im Sommer – wenn die Temperaturen draußen allzu hoch sind – ist es teilweise schwierig. Die Pilze lieben kühle Räume mit einer hohen Luftfeuchtigkeit”, erlärt Manuel Bornbaum. Damit sind kaltfeuchte Kellerräume mit denen man bisher nichts anfangen konnte ideal.
“Man stelle sich das Gespräch mit der Hausverwaltung vor: ‘Hallo. Wir sind zweit Studenten und suchen einen feuchten Keller in dem wir Austernpilze auf Kaffeesatz züchten möchten.'”
Mit den vielen Wiener Altbauten und ihren nassen Kellern bzw. Souterrains hätten Hut & Stiel noch so einiges an Anbaugebiet vor sich. Doch erstmal hieß es für Hut & Stiel Steine klopfen statt Pilze ziehen. “Die Suche nach einem geeigneten Standort war am Anfang die größte Herausforderung. Obwohl es in Wien sehr viele feuchte, leerstehende Keller gibt, ist es nicht einfach für zwei Studenten so einen Keller zu bekommen. Man stelle sich das Gespräch mit der Hausverwaltung vor: ‘Hallo. Wir sind zweit Studenten und suchen einen feuchten Keller in dem wir Austernpilze auf Kaffeesatz züchten möchten.’ Da haben viele mal ordentlich große Augen gemacht, dann gelacht und uns anschließend eine Absage erteilt.”

Foto: Karin Hackl Photography
Doch Hartnäckigkeit wird stets bezahlt, denn es kommt gerade ein neues Anbaugebiet in der Lobau dazu!
“Wir sind überglücklich und ihr seit die ersten, die von dieser Neuigkeit erfahren!”, freut sich Manuel Bornbaum, “das wusste bisher nur unser engster Kreis und manche Kunden.” Nach zweijähriger Suche kommt eine zweite Produktionsstätte hinzu, die wöchentlich 8 Tonnen Kaffeesatz verarbeitet: “Aus 1,2 Tonnen Kaffeesatz werden bis zu 250 Kilogramm Austernpilze pro Woche.”
Und damit sich die “Urban Farming” Idee mit der Austernpilzzucht auch weiter verbreitet, kann man dies bei Hut & Stiel in Workshops lernen oder man besichtigt die Austernpilzzucht vor Ort.
Der Workshop richtet sich an alle die mehr über die faszinierende Welt der Pilze wissen möchten. Vom Bauern zur Kaffeehausbesitzerin. Vom Gärtner zum Herzchirurgen. Von der Studentin bis zum Pensionisten sind alle Gruppen bei den Workshops vertreten und widmen sich mit uns einen ganzen Tag lang dem Thema Pilzzucht. Praktisch, theoretisch, kulinarisch und witzig!
Titelfoto: Karin Hackl Photography
Michael
Interessanter Beitrag zum Thema Start-up in Wien. Kaffeesatz als Nährboden ist für die Anzucht von Pflanzen im Frühjahr und als Kompostzusatz bestens geeignet. Es ist daher naheliegend ihn als Substrat für solche innovativen Projekte zu verwenden.
Die Austernpilze sind sehr schmackhaft, konnte mich davon selbst schon überzeugen – sehr lecker