
Interview mit Hartwig Kirner, Geschäftsführer Fairtrade Österreich
Wir haben uns mit Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich, getroffen und über das Thema Fairtrade gesprochen.
Was bedeutet Fairtrade eigentlich genau?
Hartwig Kirner: Einfach ausgedrückt wollen wir einen Wandel im Handel bewirken und damit auch das Leben der Menschen in den sogenannten Entwicklungsländern ändern. Durch bessere Preise für Kleinbauernfamilien, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und gerechtere Bezahlung kann das erreicht werden.
Welche Vorteile hat fairer Handel für alle?
Fairtrade verbindet Konsumentinnen und Konsumenten, Unternehmen und Produzentenorganisationen. Es ist mehr als ein Siegel, sondern vielmehr eine Bewegung, die sich für mehr Gerechtigkeit international einsetzt. Die Idee dahinter umfasst Themen wie Arbeitsrechte genauso wie Umweltschutz. Dinge, die uns alle etwas angehen, gerade in Zeiten der Globalisierung.
Was macht Zucker zu Fairtrade-Zucker?
Zusätzlich zum Handelspreis wird noch eine Prämie gezahlt, die von den Bäuerinnen und Bauern wiederum in wichtige Projekte investiert wird. Im Vorjahr wurden so von den Produzentenorganisationen 10,2 Millionen Euro bei Zucker erwirtschaftet.
Nachhaltiger Wandel braucht Zeit, was sind die größten Herausforderungen?
Fairtrade wirkt oft in schwierigen, komplexen Kontexten. Ökonomische, soziale und politische Probleme vor Ort können nicht von Fairtrade allein gelöst werden. Es braucht den Einsatz und das Miteinander vieler Akteure, darunter natürlich auch der Unternehmen. Da braucht es langfristige Planung.
Warum ist es wichtig, dass Vöslauer auf Fairtrade-Zucker setzt?
Mit der Umstellung der Balance-Linie von Fruktose auf Saccharose wird Vöslauer auch den Bedürfnissen von Menschen gerecht, die gegen Fruktose intolerant sind. Dass man dabei auch die Produzentinnen und Produzenten in den sogenannten Entwicklungsländern unterstützt, macht das Ganze doppelt schön.
Woher kommt der Fairtrade-Zucker eigentlich?
Aus diversen Teilen der Welt. Das reicht von der Karibik und Mittel- und Südamerika hin zu Afrika und sogar nach Ozeanien – auch auf den Fidji-Inseln wird Fairtrade-Zucker angebaut.
Haben Sie persönlichen Kontakt zu einigen Fairtrade Produzenten?
Wir haben regelmäßig internationale Meetings, an denen auch Produzentinnen und Produzenten teilnehmen. Ich habe auch schon oft Kooperativen in den sogenannten Entwicklungsländern besucht, unter anderem in Indien und der Elfenbeinküste. Erst kürzlich war mein Kollege Peter Ehrenberger in Malawi und hat sich von der guten Arbeit vor Ort bei der Zuckerrohrkooperative Kasinthula überzeugt. Hier konnten zum Beispiel Stromnetze für ganze Dörfer errichtet werden, die wiederum aus umweltfreundlicher Wasserkraft gespeist werden. Außerdem wurden neue Schulen errichtet – alles tolle Entwicklungen.
Haben Sie im Laufe Ihrer Arbeit bei Fairtrade Österreich ein besonderes Herzensprojekt von dem Sie uns erzählen wollen?
Oft gibt es noch eine große Kluft zwischen Mindestlöhnen und existenzsichernden Löhnen. Landwirtschaftliche Arbeit oder auch Tätigkeiten im Bergbau, wie es bei der Goldgewinnung der Fall ist, sollten fair bezahlt werden und keine Armutsfalle sein. Es ist daher das große Ziel, die Handelsvolumina weiter auszuweiten. Wir wissen aus Studien, dass nur wenn ein hoher Anteil der Ernte unter Fairtrade-Bedingungen verkauft werden kann, auch ein nachhaltiger Wandel möglich ist. Gerade darum ist das Fairtrade-Zuckerprogramm so wichtig. Es erschließt neue Märkte für die Menschen in den sogenannten Entwicklungsländern.
Auf welche Ziele, die Sie mit Fairtrade Österreich erreicht haben, sind Sie besonders stolz?
Der Gesamtumsatz von Fairtrade-Produkten in Österreich lag 2015 bei 185 Millionen Euro. Das zeigt, dass Fairtrade neben regionalen Produkten und dem Bio-Landbau die dritte große Säule der Nachhaltigkeit in Österreich ist. Fairtrade ist im Lebensmittelhandel mittlerweile etabliert, was wichtig ist, denn nur so kann eine große Zahl von Menschen davon profitieren. Diese Entwicklung macht mich sehr stolz.
Welche Rolle spielt Vöslauer dabei?
Eine große. Zucker ist eines der meistgehandelten Agrar-Rohstoffe der Welt und hat daher eine besondere Bedeutung für zahlreiche sogenannte Entwicklungsländer. Dank des Fairtrade-Zuckerprogramms kann Vöslauer die Verbesserung von Arbeits- und Lebensbedingungen in diesen Ländern unterstützen.
Was kann ich als Konsument tun, um Fairtrade zu unterstützen?
Produkte kaufen, die mit dem Fairtrade-Siegel markiert sind, ist der einfachste Weg, im Alltag ein Zeichen für Solidarität und Gerechtigkeit zu setzen. Jeder kann aber auch im Freiwilligennetzwerk von Fairtrade mitarbeiten und sich ehrenamtlich in der Bewegung stark machen. Auch viele Schulen und Gemeinden sowie Pfarren widmen sich mit großem Einsatz den Themen rund um den fairen Handel.
Warum ist es wichtig, dass Vöslauer Teil des FAIRTRADE-Zuckerprogramms ist?
Unser Ziel ist es, wie eingangs erwähnt, Wandel im Handel zu schaffen. Das klingt einfach, ist aber nur möglich, wenn weltweit auch ein Sinneswandel stattfindet. Der globale Handel muss gerechter werden und jeder der dieses Ziel unterstützt kann seinen Beitrag zu einer besseren Welt leisten. Das betrifft sowohl die Konsumentinnen und Konsumenten, als auch Unternehmen wie Vöslauer, die sich dazu entschließen, soziale Verantwortung zu übernehmen und damit ein Zeichen zu setzen.