
Karl Diwisch über den Antrieb beim Laufen
Karl Diwisch ist leidenschaftlicher Yogi und Captain bei den Adidas Runners Vienna. Im Interview erzählt uns Karl seine persönliche Werdegang, wie er sich dazu überwindet fünf bis sieben Mal in der Woche laufen zu gehen und wieso ihr ihn nicht mehr auf Partys trefft.
Was machst du beruflich, du bist ja sehr vielfältig unterwegs?
Ich bin Booker in einer Kreativagentur und kümmere mich um die Jobvermittlung von Make Up-Artists und Hairstylisten. Außerdem bin ich Captain bei einer Laufcommunity und ich mache ein paar Kurse im Studio von meiner Trainerin Elisabeth Niedereder.
Wie bist du zum Laufen gekommen?
Als Kind war ich lang beim Ballett, war Bodenturner und kurzeitig habe ich auch mal Basketball gespielt. Zu der Zeit war Laufen immer ein Ausdauertraining zum Aufwärmen oder auch zum Abtrainieren. Zwischen dreizehn und fünfzehn Jahren hatte ich eine Phase in der ich überhaupt keinen Sport gemacht habe. Da habe ich auch gemerkt, dass mir das nicht guttut und habe begonnen zu laufen um mich fit zu halten.
Laufen war für mich auch ein toller Ausgleich zum Fortgehen und es war für mich immer schon sehr meditativ. Anfangs bin ich mit einer App gelaufen, da habe ich dann gesehen, dass ich im Vergleich zu anderen Läufern gar nicht mal so schlecht bin und hab zum ersten Mal Blut geleckt.
Was magst du besonders am Laufen?
Ich habe erst relativ spät den sozialen Aspekt des Laufens kennengelernt. Ich bin lange nur alleine und für mich gelaufen, weil ich auch beim Laufen am besten meine Gedanken sortieren kann. Den größten Motivationsschub habe ich aber erst durch die Community bekommen, erst da habe ich angefangen lange Strecken zu laufen und für Marathons zu trainieren. Es gibt dazu ein ganz tolles Sprichwort das heißt: „If you want to run fast, run alone. If you want to run far, run together.“
Kannst du dich noch an deinen ersten Marathon erinnern?
Ja, sehr gut sogar. Ich habe vier Wochen vor dem Berlin Marathon noch einen Startplatz bekommen, was viel zu kurzfristig war. Normalerweise dauert die Vorbereitung etwa zehn Wochen. Zum Glück hatte ich zu der Zeit bereits einen Trainingsplan von meiner Trainerin Elisabeth Niedereder, sonst wäre das gar nicht möglich gewesen. Ich bin dann komplett ohne Zielzeit an den Start. Mein einziges Ziel war: den Marathon beenden.
Und dann war es soweit! Die Stimmung beim Berlin Marathon ist immer unglaublich, auf jedem Meter stehen Leute, die dir zurufen. Das pusht natürlich extrem und so konnte ich meinen ersten Marathon dann mit einer Zeit von 3:31 abschließen. Es war sehr anstrengend, aber das habe ich davor schon gewusst. Und wenn du dann im Ziel bist und dir jemand die Medaille umhängt, dann sind die letzten Schmerzen in den Beinen auch vergessen.
Warst du schon mal in einem Flow und welchen Einfluss hat ein Flow auf dich?
Ja, immer mal wieder. Auf kurzen Strecken komm ich nicht in einen Flow, das ist dann reines Auspowern. Aber auf einer Marathonstrecke oder bei einem Ultra Marathon ist es auch wichtig, sonst quält man sich sehr. Aber es gibt schon oft Läufe, bei denen man sich sehr kontrolliert auf die perfekte Handhaltung schaut, verinnerlicht, wie man schön abrollt und es überhaupt nicht schafft, den Kopf abzuschalten. Aber dann gibt es Momente, in denen der Kopf ganz klar wird, und man auch bewusst merkt, dass gerade alles vollkommen automatisch funktioniert. Ich vergleiche es auch gern mit dem Gefühl einer längeren Meditationseinheit, wenn dein Kopf klar ist und du bei deinen wirklichen Bedürfnissen bist.
Glaubst du, man kann einen Flow auch bewusst auslösen?
Ein Flow kommt einfach plötzlich, also wirklich auslösen glaube ich nicht. Aber ich glaub schon, dass man es ein bisschen beeinflussen kann. Aber es muss in dem Moment alles passen, zumindest bei mir ist das so. Und dann musst du in der Lage sein auch während dem Laufen deinen Kopf auszuschalten, es zuzulassen und dich nicht ablenken lassen. Wenn ich laufe, dann laufe ich und genau darauf muss ich mich konzentrieren. Kleine Wehwehchen und Sachen, die mich im Alltag belasten, muss ich in dem Moment außen vorlassen. Dein Kopf fügt sich sozusagen dem Körper.
Du machst ja auch viel Yoga, brauchst du das als Ergänzungstraining zum Laufen?
Eigentlich ist es eher umgekehrt: Yoga ist mein Lebensstil und Laufen ist mein Ausgleich, aber in jedem Fall ergänzt es sich perfekt. Ich praktiziere Bikram Yoga, das sind 26 Körperübungen bei einer konstanten Raumtemperatur von 38 Grad und zwei Atemübungen. Das ist ein sehr effektives Training für deine Muskulatur wegen der immer gleichbleibenden Belastung und das Dehnen ist bei der Temperatur nachhaltiger. Ab September mache ich eine Ausbildung zum Bikram Lehrer, darauf freu ich mich schon besonders.
Hast du einen guten Tipp für angehende Marathonläufer?
Man muss seine Ziele realistisch stecken, einen guten Trainingsplan haben und sich nicht unterkriegen lassen. Für den Trainingsplan empfehle ich, sich Support zu suchen und eine ordentliche Leistungsdiagnostik zu machen, das zahlt sich in jedem Fall aus. An den Trainingsplan muss man sich dann natürlich auch halten, jeder hat mal einen schlechten Tag. Aber ich such mir dann immer einen Trainingspartner, das motiviert am meisten.
Alle Fotos: Karoline Pernegger