Haus Jausern Frauen Insiderei

Diese Frauen denken Österreichs Hotel neu: Lilly Fresacher vom Haus Jausern – designaffine Menschenverbinderin.

Die umliegenden Berghänge laufen sanft direkt vor der Haustür aus, die Saalach rauscht in nächster Nähe vorbei, Skipisten und Wanderwege laden zum Aufstieg in die Winterlandschaft ein. Dabei fällt es gar nicht so leicht, hier vor die Tür zu gehen, denn im Haus Jausern ist es gemütlich. Der Kamin prasselt in der Hotelbar mit Wohnzimmeratmosphäre, Stein, weiches, dickes Leinen und viel Holz in hell und dunkel werden mit ausnehmend feinem Beleuchtungskonzept, warmen Farben und angenehmer Akustik zu einem unaufdringlichen Wohlfühlganzen.

Lilly Fresacher hat das ehemalige Landhaus Jausern ihrer Eltern übernommen und in den vergangenen Monaten zu ihrem Haus Jausern umgebaut. Gemeinsam mit dem Designstudio Riebenbauer, das in Wien die Standorte der Bäckerei Öfferl zu unverkennbaren Gustostückerln gestaltet hat, hat sie die Erweiterung und Neugestaltung des Hotels in Angriff genommen.

Als ausgebildete Produktdesignerin hat sie bei der gelungenen Ausstattung auch selbst gestalterisch Hand angelegt und für Designaffine im Salzburgerland eine neue Andockstation geschaffen. Zum „echt sein“, wie es bei Lilly heißt.

 

 

Haus Jausern Frauen Insiderei

 

 

Wie geht es dir nach dem Umbau?

Ich freue mich immer noch über das, was wir aus dem Haus gemacht haben.

 

Über die Übergänge von alt zu neu, darüber, dass es uns gelungen ist, das Alte mit dem Neuen zu verbinden, denn ich hätte es nie übers Herz gebracht, das Haus meiner Eltern abzureißen, da steckt so viel positive Energie und Geschichte drinnen.

 

Bei der Erweiterung um den Anbau wollte ich auch nicht nach der Logistik planen. Deswegen haben wir jetzt vielleicht einen etwas breiteren Gang und etwas weniger Lagerfläche. Das ist ein Luxus, den man den Gästen schenkt. Aber als ich dann vor 80 verschiedenen Grautönen für das Restaurant saß, bin ich zwischendurch schon auch einmal verzweifelt.

 

Wieviel steckt von dir als Designerin im Haus?

Franz (Riebenbauer, Anm.) und Almut (Becvar, beide Studio Riebenbauer, Anm.) haben das Designkonzept erstellt und mich mit einbezogen beziehungsweise gebremst.

Die Weinstube wurde von einem Studienkollegen – Felix Poettinger Design – erstellt und ich habe versucht alles zu verbinden und den Übergang von alt zu neu sanft zu gestalten.

 

 

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Was war dein Anspruch an die Neugestaltung?

Meine Nachhaltigkeit sollte vor allem darin bestehen, dass das Design heute ebenso wie noch in 30 Jahren gültig ist. Deshalb habe ich mich, ehrlich gesagt, wahnsinnig vor der Veränderung gefürchtet. Aber wir wollten natürlich das Haus zu unserem machen: Heute ist der Kamin, um den herum früher unser Wohnzimmer war, in der Hotelbar, und wo wir unsere Küche hatten ist ein Teil des Restaurants.

 

Was bedeutet ein Gipfelsturm für dich?

Das ist, was wir in den vergangenen eineinhalb Jahren hinter uns gebracht haben. Und im nächsten Jahr, wenn sich alles eingespielt hat, ist es wieder die Sonnenaufgangstour auf den Tristkogel, der markanteste Gipfel des Tales, das „Matterhorn vom Pinzgau“.

Vom Gipfel kann man bis nach Tirol rüberschauen und bei der Wanderung kommt man am schönen Hochtorsee vorbei.

 

Du bist ein Hotelkind, ihr habt als Familie im gleichen Haus wie eure Gäste gewohnt. Wie war das für dich?

Man kann nie im Pyjama frühstücken. Und man ist ein Stück weit auch immer Schauspieler. Für mich war das als Kind schrecklich, wenn ich mit meiner Mama gestritten habe, und sie dann einfach hinausgegangen ist zu den Gästen und gut gelaunt war. In meinen Augen war das total herzlos. Aber sie war einfach nur professionell. Für meine Kinder will ich das nicht.

Deswegen heißt es bei uns auch „echt sein“. Da geht es mal sanft und auch mal wild zu, aber immer ehrlich und respektvoll.

 

 

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Das bedeutet, dass es Höhen und Tiefen gibt. Und dazu gehört, dass nicht immer alles perfekt läuft. Auch bei uns.

 

Ich möchte, dass wir hier alle auch unsere Grenzen leben können. Gäste, wir und unsere Mitarbeiter. Unsere Nähe zu den Gästen drückt sich dadurch aus, dass es bei uns kein Sie gibt. Das bringt alles auf eine andere Ebene.

 

Wo warst du als Hotelkind am liebsten?

Wir haben viel draußen gespielt. Wir hatten ja alle Eltern, die wahnsinnig viel gearbeitet haben. Wir waren eine Truppe – morgens in der Früh los und wenn es finster war, sind wir zurückgekommen und ins Bett gefallen. Heute sind wir alle so gut informiert über das Tun und Lassen der Menschen und was dabei alles passieren kann, dieses Wachen und Bewachen ist gar nicht gesund, aber ich merke auch wie schwer das Loslassen ist. Meine Eltern hatten viel Vertrauen in mich.

Aber es wurde auch einfach angenommen, dass ich schon mehr weiß als es vielleicht der Fall war. Ich war ein Einzelkind und musste allein schlafen gehen, weil die Eltern um die Zeit immer draußen bei den Gästen waren. Wenn Saison war, mussten alle funktionieren. Auch ich.

 

 

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Mit dem „echt sein“ machst du das anders?

Ich versuche es. Meine Kinder sind mein Spiegel. Wenn ich mich durch sie reden höre…. wenn meine dreijährige Tochter mit dem Handy spielt und sagt: Ja, wir haben noch ein Zimmer frei, das kostet fünf Euro. Oder wenn sie zu mir sagt, Mama, ich muss noch schnell die Zimmer checken, aber die Karten sind schon fertig!

 

Was ist am Kontakt mit den Gästen für dich so erfrischend?

Die Leute, die hierher kommen sind sehr designaffin und man merkt, sie finden das Haus cool.

 

Sie sind Ästheten aus ganz verschiedenen Berufen, aber es ist der Blick für die schönen Dinge, der sie eint.

 

Wir haben so spannende Gäste, unkonventionelle Leute, die mich ständig verblüffen. Manchmal stutzen die Gäste auch, wenn ich sie mit ihrem Vornamen anspreche und dann merke ich, wie sie versuchen, sich an meinen Vornamen zu erinnern… weil wir es so gewohnt sind, uns Nachnamen zu merken.

Durch diese Momente gewinnt der Kontakt an Tiefe. Ich wollte das Haus so kommunikativ wie möglich gestalten, dass die Leute miteinander ins Gespräch kommen. Denn ich glaube fest daran, dass das ja auch einen Grund hat, warum das Leben all die Menschen an diesem Ort zusammengeführt hat: vielleicht hat das ja eine Bedeutung, einen tieferen Sinn.

 

 

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Es sind einige Alleinreisende hier. Auch ein Zeichen für hohen Wohlfühlfaktor.

Früher haben wir Leute, die allein da waren, auch mal einfach zusammengesetzt. Weil wir gar nicht so viel Platz hatten. Da braucht es viel Menschenkenntnis. Wer passt zueinander, wer ist offen dafür, wer nicht? Zu Silvester kommen Gäste zu uns, zwei Paare, die wir vor 15 Jahren – zu Silvester – an einen Tisch gesetzt haben. Seither können die gar nicht mehr ohne einander.

Und verreisen immer zu viert. Zu Silvester feiern sie bei uns ihr 15-jähriges Jubiläum. Heute ist das aber, nicht zuletzt coronabedingt, gar nicht mehr so einfach.

 

Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich?

 

Statt Animation und Unterhaltung Interaktion und Kommunikation zu fördern, das ist für mich etwas Nachhaltiges.

 

Je mehr die Menschen miteinander reden, desto weniger Konflikte gibt es.

 

Wann bist du zufrieden?

In den Momenten, in denen ich meine ganze Familie um mich habe. Das macht mich einfach glücklich. In unserem tollen Haus, das wir geschaffen haben, das macht mich gerade sehr zufrieden.

 

Zum Jungbleiben brauchst du?

Viel Vöslauer?! (lacht). Ich glaube, jung bleibt man im Kopf. Das ist für mich das Wichtigste. Optisch jung zu bleiben ist sowieso eher schwierig. Man muss den Mut zum Altern haben. Wichtig ist es im Geiste jung zu bleiben, offen für Trends, Ideen, neue Gedanken.

Keine alten Gedanken herumzuschleppen, Sachen zu hinterfragen ist für mich das Wichtigste, viel Liebe, viel Lesen, vielseitig interessiert sein und viel, viel Leben dazu.

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