
Unfollow me (not)! Nena Schink über Instagram und ihr Buch
Nena Schink ist Influencerin. Gewesen. Die deutsche Journalistin startete für eine Plattform des deutschen Handelsblatt ein Experiment, das sie in den Sog der größten Foto-App der Welt brachte: Instagram. Ständig auf der Suche nach dem besten Fotomotiv für ihre Follower. Stets das perfekte, nächste Pic im Kopf, das viele Likes bringen soll. Dazu die eigene Community aufbauen und möglichst oft präsent sein … plötzlich sah sich Schink in einer Welt wieder, die sie rund um ihr Instagram-Profil aufgebaut hatte. Ein weiteres Übel, das ihr begegnete: Je mehr Haut sie zeigte, desto mehr Follower bekam sie. Die Belastung ständig auf The Gram unterwegs sein zu müssen, um mit der Konkurrenz mitzuhalten, hat sie schließlich zugunsten eines entspannteren Lifestyles aufgegeben.
Über ihre Erfahrungen hat sie im Februar 2020 ihr Buch UNFOLLOW herausgebracht, das über Nacht zu einem Bestseller wurde. Das #jungbleiben Magazin hat mit Nena Schink über ihren Prozess zu mehr Selfcare und einen “gesunden” Umgang mit Social Media Plattformen gesprochen.

Foto: Moritz Thau
“Influencer sein, kann jeder!” ist eine Aussage, die man oft hört. Stimmt das?
Nena Schink: “Ja. Obwohl es 2014 noch einfacher war. Einladungen zu Events, oder Kooperationen erfolgten schon mit niedrigen Follower-Zahlen. Heute ist der Einstieg schwieriger, aber nicht unmöglich. Um in die Riege der Super-Influencer aufzusteigen, gibt es drei Regeln: 1.) Du brauchst sehr viel Zeit 2.) Zieh dich aus 3.) Gebe niemals öffentlich zu, dass dein Instagram-Fame geplant war. Ein weiterer Geheimtipp ist die Teilnahme an einem Reality Format, wie ‘Germany’s Next Topmodel’, oder ‘Der Bachelor’. Das garantiert zehntausende Follower.”
Auf was muss man sich gefasst machen, wenn man ein Leben als Influencer führen möchte?
Nena Schink: “In den meisten Fällen ist es ein Tauschgeschäft: Privatleben gegen vermeintliche Prominenz. Und es darf einem wirklich nichts peinlich sein. Überhaupt nichts. Mein Friseur teilt meine Meinung. Beim letzten Besuch sprachen wir über mein Buch und er meinte: ‘Das Influencer Dasein ist für mich moderne Prostitution. Die haben doch alle ihre Würde gegen Follower getauscht.’ Diese, ein wenig überspitzte, Einschätzung, teile ich. Uneingeschränkt.”

Foto: Moritz Thau
Wann war der Moment, wo das Gefühl “Es reicht, ich will das nicht mehr!” erreicht war?
Nena Schink: “Es gab nicht diesen einen großen Aufwach Moment sondern viele kleine. Einer davon war definitiv als mich meine Schulfreundin Jil auf meine Instagram-Zeit ansprach und wir uns meine Statistik ansahen. Das Ergebnis: Zwei Stunden täglich. Das sind 14 Stunden die Woche. 56 Stunden im Monat. Wache Zeit. Horror. Das war ein Weckruf.”
Nach deiner Erfahrung: Sollte man Instagram ‘bewusster’ nutzen oder gleich ganz vom Smartphone löschen?
Nena Schink: “Es ist möglich die App klug zu nutzen, aber dafür muss jeder User seinen persönlichen Instagram-Konsum analysieren. Es gibt nicht die eine allgemeingültige Formel für jedermann. Schließlich nutzt jeder das soziale Netzwerk anders. Viele verplempern ihre kostbare Lebenszeit mit dem Stalking fremder Menschen. Andere inszenieren sich die meiste Zeit selbst. Beides ist problematisch und muss hinterfragt werden. Selbstfürsorge ist hier das Zauberwort. Deswegen gleicht der dritte Teil meines Buches auch einem Workshop. Es werden dem Leser Fragen gestellt wie: Was habe ich davon fremden Menschen, auf Instagram zu folgen? Inspiriert mich diese Person wirklich? Wieso teile ich mein eigenes Leben? Setzt mich Instagram unter Druck?”
Gibt es etwas positives, das du Instagram abgewinnen kannst?
Nena Schink: “Absolut, deswegen heißt mein Buch auch ‘UNFOLLOW’ und nicht ‘DELETE’. Es gibt inspirierende Accounts, wie beispielsweise den von Logo-Moderatorin Jennifer Sieglar oder Mädelsabende von FUNK. Und es war noch nie so einfach mit Menschen in Kontakt zu treten – das ist großartig. Aber es muss ein gesellschaftliches Umdenken hin zum bewussten Instagram-Konsum stattfinden. Das möchte ich mit meinem Buch erreichen.”