Magdalena Kreinecker Parnass Interview

Studio Visit: Magdalena Kreinecker

Mit Nachdruck: Radierung und Siebdruck sind die bevorzugten Techniken der Künstlerin Magdalena Kreinecker. Die 1993 in Linz geborene Künstlerin experimentiert mit Licht und Farbe zwischen Bild und Raum. Im Ateliergespräch erzählt sie vom Leben als Künstlerin und einem modischen Pandemieprojekt.

 

PARNASS: Seit kurzem bist du in einem neuen Atelier im 15. Wiener Gemeindebezirk, wie kam es dazu?

Ich habe bisher in Gemeinschaftsstudios gearbeitet, was ich immer sehr genossen habe, auch weil ich den alltäglichen Austausch sehr wichtig finde. Nach einem Residency Aufenthalt in Leipzig im Winter letzten Jahres habe ich aber verstanden, dass ich auch gerne alleine bin und ich diese Ruhe momentan als sehr produktiv empfinde. Die Ateliersuche war nicht einfach, so habe ich mich entschieden meinen Arbeitsraum und die Siebdruck-Werkstatt zu trennen und an zwei Orten zu arbeiten. Ein bisschen Gemeinschaft ist geblieben – der Vermieter dieser Räumlichkeiten hier ist auch Künstler, meine Kollegin Victoria Vinogradova arbeitet Tür an Tür und im Haus gibt es Musikstudios, im gemeinsamen Innenhof trifft man sich immer wieder.

 

 

Magdalena Kreinecker Parnass Interview

 

 

 

PARNASS: Im Arbeitsraum bereitest du deine Skizzen und Entwürfe vor, in der Werkstatt geht es dann an den Druck.

Momentan gibt es diese örtliche Trennung, an die ich mich erst gewöhnen muss. Ich arbeite vorrangig mit verschiedenen druckgrafischen Techniken wie Siebdruck, Radierung und Linolschnitt. Zumeist ist dies ein analoger Prozess, der Möglichkeit für Überraschungen lässt, aber auch Planung und Präzision sind wichtig. Besonders im Spiel zwischen Digital und Analog – in der Kombination der verschiedenen Techniken komme ich oft schon sehr früh im Prozess an einen Punkt, an dem ich sehr konkret über das „fertige“ Werk nachdenke.

 

Der erste Schritt ist stets eine digitale oder gezeichnete Skizze – über diese komme ich in weiteren Arbeitsprozessen zu Vorlagen für den Druck.

 

Eine der letzten Arbeiten, die aus mehreren Radierungen besteht, zeigt auch wie im Laufe der letzten Jahre meine Praxis und mein Denken immer räumlicher wurden – im Spannungsverhältnis von Bild und Objekt.

 

 

Magdalena Kreinecker Parnass Interview

 

 

PARNASS: Für die angesprochene Arbeit hast du Papier mit anderen Materialien kombiniert und so nicht nur ein Bild, sondern ein Objekt geschaffen.

Bei der Arbeit (Twist: Birds, Butterflies, Forest and Smoke) handelt es sich um vier Radierungen, die auf eine Alu-Dibond Platte kaschiert sind und durch eine Glasplatte und eine Art Kreuz verbunden sind – wie ein nach innen gekehrter Rahmen. Ein bisschen wie ein Fenster. Ich habe irgendwann begonnen den Raster, der im Siebdruck automatisch immer mitgedacht wird, als Gestaltungselement für viele meiner Arbeiten zu übernehmen.

 

PARNASS: In deinem Atelier sehen wir auch Objekte mit wellenförmigen Papierfaltungen. Eine Weiterentwicklung des druckgrafischen Denkens?

Wiederholung, Rapport und Reproduktion sind auffällig und ständig gegenwärtig – scheinbar endlose Papierbahnen. Viele meiner Arbeiten haben auch durch die Art der Produktion eine große Nähe zum Textil. Ich beschäftige mich daher auch viel mit der nahen Grenze zum Design.

 

PARNASS: Kunsthistorisch betrachtet ist die Arbeit mit Stoffen im Bereich der Künstlerinnen angesiedelt, in den Werkstätten für Weberei durften sich die Frauen verwirklichen als andere Techniken noch Männermetier waren, wie positionierst du dich mit Blick auf dieses historische Vorurteil?

Natürlich ist es ein Kokettieren, ein bewusstes Spiel mit und in einem Konflikt, den es seit jeher gibt.

 

Die Arbeit mit Materialien und Motiven, die seit Jahrhunderten als weiblich konnotiert sind, war für mich schon auch eine bewusste Entscheidung.

 

Vor einiger Zeit habe ich aber beschlossen mich darum nicht mehr allzu sehr zu kümmern – zu Beginn etwas aus Trotz und im Moment auch, weil ich sehe, dass viele dieser vermeintlichen Zuschreibungen endlich verschwinden.

 

 

Magdalena Kreinecker Parnass Interview

 

 

PARNASS: Wann fiel deine Entscheidung für ein Kunststudium beziehungsweise für ein Künstlerinnenleben?

Ich bin in Oberösterreich am Land aufgewachsen, es war mir relativ schnell klar, von der mich dort erwartenden Lebensrealität wegzuwollen. Ich habe mich schon mit 17 an der Angewandten beworben, ein Jahr später, bei der zweiten Bewerbung wurde ich dann angenommen. Mir war natürlich damals nicht klar, was es heißt selbstständig als Künstlerin zu arbeiten. Aber mir wurde die Fünf- oder Zehn-Jahres Frage in beiden Aufnahmegesprächen gestellt.

 

PARNASS: Im Aufnahmegespräch für eine Kunstuni wird man also wie bei einem Bankbewerbungsgespräch gefragt – wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Mir wurde diese Frage auf jeden Fall gestellt und ich finde das auch gut so. Ich denke, wenn man über sein Umfeld nie Einblick in ein solches Leben bekommen konnte, hat man wirklich wenig Vorstellung. Es ist ein relativ freier Alltag, in dem man sich immer wieder motivieren muss. Doch es ist auch ein normaler Job – manchmal läuft es eben gut und manchmal ist es wirklich mühsam. Ich habe neben dem Studium immer gearbeitet und schnell verstanden, dass es nicht einfach werden wird – und das ist es auch wirklich nicht. Nach dem Studium habe ich mir immer wieder Deadlines gesetzt. Denn wenn es ewig nicht funktioniert, wird man wahrscheinlich unglücklich und vielleicht sollte man sich dann trauen aufzuhören.

Momentan macht es mir Spaß und ich habe noch viele Herausforderungen vor mir, an denen ich gerne tüfteln möchte.

 

Ich sehe es als Privileg aber auch Verpflichtung immer wieder auf neue Umstände, Orte und gesellschaftliche Entwicklungen einzugehen und zu reagieren.

 

Ich möchte meine Arbeit möglichst offenhalten, und verstehe meine künstlerische Praxis als reaktive Möglichkeit das Chaos, in dem wir uns befinden zu reflektieren.

 

 

Magdalena Kreinecker Parnass Interview

 

 

PARNASS: Wärst du auch offen dafür noch angewandter weiterzudenken und zum Beispiel einen Raum für ein Hotel oder dergleichen zu gestalten?

Ja, das fände ich interessant, besonders weil es einen so wilden und dichten Wechsel der Menschen gibt, die sich in diesen Räumen aufhalten. Charlotte Perriand hat für mich sehr visionär solche Situationen geschaffen. Ich habe auch schon öfter daran gedacht ein Möbel zu gestalten. Die Druckgrafik ist immer sehr angewandt gewesen, sie hat diesen lebensnahen, grenzgängerischen Charakter. Ich mache gerne Dinge, von denen man denkt, man könnte sie verwenden.

 

PARNASS: Apropos Kunst, die man verwenden kann. Seit zwei Jahren betreibst du mit gemeinsam mit deiner Schwester ein Projekt zwischen Kunst und Mode: kreineckers.

Genau, dieses gemeinsame Projekt hat sich während dem ersten Covid Lockdown herauskristallisiert. Ich war zu Beginn wie so viele auf Kurzarbeit in meinem Gastrojob, bei meiner Schwester Anna, die Kostüm und Bühne an der Angewandten studiert hat, wurden Opernproduktionen abgesagt. Wir wollten schon lange gemeinsam arbeiten, durch die plötzliche Orientierungslosigkeit und die neue freie Zeit, gab es auf einmal Raum für kreineckers.

Die Idee dahinter sind Editionen auf tragbaren Textilen zu produzieren. Limitierte Editionen, die wir gemeinsam und sehr spielerisch konzipieren. Von meiner Schwester kommen die Schnitte, ich bedrucke die Stoffe und meine Schwester näht dann die T-Shirts und Sweater. Immer wieder laden wir Künstler:innen für Kooperationen ein, gerade gab es eine schöne Zusammenarbeit mit Max Freund.

 

 

Magdalena Kreinecker Parnass Interview

 

 

PARNASS: Was bedeutet nachhaltig #jungbleiben für dich?

Ich muss mich immer wieder dazu überwinden von vorne anzufangen und versuche dabei meine Arbeit nicht ganz zu ernst zu nehmen. Es fällt mir oft sehr schwer, aber ich merke immer wieder, dass im Loslassen und Neudenken viel mehr steckt, als man oft vermuten würde.

Weitere inspirierende Studio Visits von Parnass gibt es hier

 

Infos:

Von 12. September bis 5. Dezember 2022 sind Werke von Magdalena Kreinecker im Kunstverein Eisenstadt zu sehen: https://www.kunstvereineisenstadt.at

kreineckers: https://kreineckers.bigcartel.com/

Text: Paula Watzl

 

Fotos/Credits: 

Galerie Elisabeth und Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com
Galerie Elisabeth und Klaus Thoman / Matthias Aschauer
Galerie Elisabeth und Klaus Thoman / Julie Nymann
StudioVisit © Anna Kreinecker 
Siebdruck © Magdalena Kreinecker
Kreineckers (c) Anna Kreinecker

 

“Twist: Birds, Butterflies, Forest and Smoke“, 2022
Magdalena Kreinecker
Galerie Elisabeth und Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com
Commissioned by: OÖ Landes-Kultur GmbH with support of Alexander Tutsek Foundation

 

„P032“, 2021
Magdalena Kreinecker
Galerie Elisabeth und Klaus Thoman / Matthias Aschauer

 

„Truth and Fake“, 2021
Magdalena Kreinecker
Galerie Elisabeth und Klaus Thoman / Matthias Aschauer

 

“Possibility of Solar Protection (very dark red)“, 2022
Magdalena Kreinecker
Galerie Elisabeth und Klaus Thoman / Julie Nymann
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