
Valentina Vapaux über Erwachsenswerden, Social Media und ihr Buch
Valentina Vapaux. Mit Präsenzen auf Instagram und YouTube, hat sie sich eine treue Followerschaft aufgebaut, die sie durch ihr vielschichtiges Leben mitnimmt. Das Leben einer Influencerin, Schriftstellerin und Journalistin. Die Vielfalt drückt sich auch im Content aus, der mit Substanz auffällt.
Jetzt hat Vapaux ihr erstes Buch herausgebracht: “Generation 7 – Zwischen Selbstverwirklichung, Insta-Einsamkeit und der Hoffnung auf eine bessere Welt” (Verlag Gräfe und Unzer). Nicht ohne Grund führt es bereits nach kurzer Zeit die Spitze der Sachbücher auf der Spiegel-Bestseller-Liste an. Valentina Vapaux (so der “Bühnenname” von Anna-Valentina Plesnar) fasziniert nicht nur ihre Followerschaft mit dem Ergebnis wissenschaftlicher Recherche, Poesie und emotionalen Berichten aus dem Leben einer jungen Frau, die ihren Platz sucht und ihn dabei auch gefunden hat. “Generation Z” ist ein Buch, das dem das Genre Sachbuch nicht so ganz gerecht wird. Aber lassen wir solche Feinheiten einmal beiseite und Valentina Vapaux im #jungbleiben Magazin selbst zu Wort kommen!
Gleich mal was toughes zum Einstieg: Laut einer Studie haben zwischen 20 und 30 Prozent der Personen, die Teil der Gen Z sind, Angst vor dem sozialen Abstieg. Spielt diese Angst eine Rolle bei der Selbstvermarktung, wenn für viele das Influencer*innen-Dasein als oft einzige oder attraktivste Möglichkeit gesehen wird Geld zu verdienen und Anerkennung zu bekommen?
Valentina Vapaux: “Ich habe keine Angst davor. Du hast aber Recht: Bei manchen Influencer*innen ist das Business-Modell relativ einseitig und nur auf Markenkooperationen fokussiert. Mir war aber schon früh sehr wichtig, dass ich mich in meiner Karriere breit aufstelle. Ich habe studiert, bin Journalistin und verfolge auch andere Projekte, die nichts mit Social Media zu tun haben. Deswegen habe ich gar keine Angst. Wenn morgen Instagram gelöscht wird, kann ich auch in einer anderen Branche arbeiten.”
Dazu müssen wir dich fragen: Wie siehst du deine Rolle als “Beinflusserin” deiner Followerschaft? Findest du es schön, kritisch, schwierig? Nervt es dich manchmal?
Valentina Vapaux: “Es ist ein großes Privileg, wenn Leute einem zuhören. Aber es ist natürlich auch manchmal überfordernd. Manche Sachen weiß man noch gar nicht, macht viele Fehler. Man wird eben vor der gesamten Welt erwachsen.”
In deinem Buch schreibst du auch darüber, dass die erfolgreichsten Influencerinnen einem eher stereotypen Frauenbild entsprechen müssen. Wie ist es für dich einen eigenen Weg zu gehen und hier auch feministische Standpunkte einzubinden?
Valentina Vapaux: “Da überlege ich nicht, wie ich etwas feministisch gestalten kann. Schon bevor ich mich mit Feminismus auseinander gesetzt habe, gab es für mich das Thema, dass ich nicht anders behandelt werden sollte, als ein Typ. Schon als ich sehr jung war, habe ich immer gemacht was ich wollte und war feministisch. So fällt es mir auch nicht schwer das unter einen Hut zu bringen. Für mich steht im Zentrum, dass ich Ich-Sein kann und das unapologetically.”
“Social Media ist mein Mittel zum Zweck, wie ich mir meine Kunst finanzieren kann.” – Valentina Vapaux
Viele Werbetreibenden wollen sich nicht mit kritischen Influencer*innen assoziiert sehen. Wie siehst du dich in dieser Rolle?
Valentina Vapaux: “Da muss man aber erst einmal fragen: Was ist eine kritische Influencer*in? Nur weil ich zu manchen Themen eine bestimmte Sichtweise habe, bin ich definitiv keine. Aus der Business-Perspektive wird es erst dann schwierig, wenn es zu Shitstorms kommt oder wenn man verwerfliche Dinge macht. Dann distanzieren sich natürlich Werbepartner. Es gibt aber für jeden und jede eine Nische. Ich spreche beispielsweise offen über Sex. Vielleicht schreckt das bestimmte Marken ab, aber es gibt auch andere, die das cool finden. Die Frage sollte man auch umdrehen: Ich könnte mir nicht leisten ein Buch zu schreiben, wenn ich nicht auf Social Media präsent wäre. Dabei ist Social Media mein Mittel zum Zweck, wie ich mir meine Kunst finanziere.”
Hast du dir jemals die Frage gestellt “Wie wäre ich bzw. mein Leben ohne Social Media? Was würde ich machen?”
Valentina Vapaux: “Wenn es nicht Social Media gewesen wäre, dann Schreiben oder Journalismus. Dinge, die ich jetzt auch mache. Nur wäre es nicht so schnell gegangen.”
Du schreibst im Buch, dass du ins EU-Parlament eingeladen wurdest und dich dort nicht repräsentiert gefühlt hast. Wie kann die neue Generation in demokratische Prozesse – deiner Meinung nach – besser eingebunden und angesprochen werden?
Valentina Vapaux: “Dafür wäre erstmal die Überarbeitung der alten Parteistrukturen notwendig, denn es ist für junge Menschen superschwer in die Politik reinzukommen. Dementsprechend ist es auch schwer sich repräsentiert zu fühlen. Veränderungen wären notwendig, beispielsweise dass die Politik digitaler wird und viel mehr auf Social Media stattfindet. Da fängt aber schon das Problem an, denn ein Transformationsprozess kommt erst in Gang, wenn der Bundestag jünger wird. Ein positives Beispiel ist Alexandria Ocasio-Cortez in den USA. Einfach dadurch, dass sie eine Politikerin im obersten Gremium der USA, also im Repräsentantenhaus ist und sie dabei einfach sie selbst ist, konnte sie viele Leute abholen, die sich sonst nicht für Politik interessieren. Sie ist authentisch und echt. Das fehlt gerade in Deutschland. Persönlichkeiten, Vorbilder – die braucht es am meisten für junge Menschen. Das Thema ist riesengroß und schwierig zu beantworten.”
Ein Teil deines Buchs widmest du dem Thema Liebe und ihrer Entfaltung in der digitalen Welt – insbesondere in bekannten Dating-Apps. Findest du, dass es für junge Menschen durch die ständige Verwendung von Smartphones schwieriger geworden ist sich zu treffen?
Valentina Vapaux: “Ich glaube, den meisten jungen Leuten ist klar, dass Treffen oder Dates viel mehr im echten Leben Spaß machen, als auf einer App zu chatten. Daraus entsteht ja auch der Mut für neue Abenteuer. Während der Coronakrise ist das erst recht vielen bewusst geworden.”
Die Digitalisierung trägt zur Vereinsamung bzw. dem Gefühl der Einsamkeit bei. Wie gehst du damit um?
Valentina Vapaux: “Ich wünschte, ich hätte das schon rausgefunden. Aber ich versuche meine Zeit am Handy zu begrenzen, was schwierig ist, weil es mein Job ist. Aber Menschen zu treffen, die mich so akzeptieren wie ich bin, hilft immer.”
Fotos: Valentina Vapaux