
5 Buch-Tipps für den Lesesommer
Der Sommer – jene träge, flirrende Jahreszeit zwischen Büroflucht, Freibad und verlegten Terminen – ist wie gemacht, um sich jenen Büchern zu widmen, die uns in neue Welten bringen. Es ist Zeit für 5 Buch-Tipps für die man sich Zeit nehmen sollte. Denn im Sommer sind nicht nur die Tage länger, auch der Alltag rückt ein Stück zurück, das Tempo verlangsamt sich, und endlich ist wieder Platz für das, was oft zu kurz kommt: für Geschichten, Gedanken, Worte, die sich Zeit nehmen dürfen.
Wer in dieser Saison auf der Suche nach Büchern ist, die nicht nur gut erzählt, sondern auch sprachlich reizvoll, thematisch relevant und zugleich nah an der eigenen Lebenswelt sind, wird besonders unter österreichischen Neuerscheinungen fündig. Vom gesellschaftskritischen Roman über den kunstvollen Kurzprosa-Band bis zum pointierten Krimi – wir stellen fünf Titel vor, die nicht nur durch ihre Vielfalt bestechen, sondern auch durch ihre Herkunft: alle entstanden in Österreich, vier davon aus der Feder von Autorinnen.
Krimi trifft Kosmetikbranche
Martina Parker: „Miss Vergnügen“
Martina Parker, bislang für ihre Krimis im burgenländischen Gartenmilieu bekannt, verlegt das Geschehen in ihrem neuesten Buch ins glitzernde Wien – und liefert dabei keinen klassischen Regionalkrimi, sondern einen bissigen Thriller aus der Beauty-Welt. Die Hauptfigur, Miss Brooks, wird von ihrem Mann verlassen und strandet in der österreichischen Hauptstadt. Dort nimmt sie einen Job in einem internationalen Kosmetikkonzern an – und gerät prompt in eine Welt voller Skandale, verschwundener Manager und dunkler Machenschaften zwischen Duftmolekülen und PR-Fassaden. Mit britischem Witz und österreichischem Schmäh nimmt Parker das Luxussegment ebenso aufs Korn wie die Eitelkeiten der High Society – und präsentiert mit ihrer Ermittlerin „Miss Vergnügen“ eine scharfzüngige Heldin mit Ecken, Kanten und Charakter. Ein absoluter Buch-Tipp. Der Krimi ist im Gmeiner‑Verlag erschienen.
Weibliche Erfahrungswelten – Gegenwartsliteratur
Michèle Yves Pauty: Familienkörper
Der Debütroman von Michèle Yves Pauty geht unter die Haut. Drei Frauengenerationen in einer Tiroler Familie ringen mit Krankheiten, Diagnosen – und dem Schweigen darüber. Die Erzählerin bleibt zunächst verschont, doch das Gefühl, dass etwas in ihrem Körper nicht stimmt, wird immer drängender. Pauty erzählt in dichten, teilweise fragmentarischen Szenen vom medizinischen Gaslighting, vom nicht Gehört- oder Ernstgenommenwerden – und davon, wie Krankheit nicht nur körperlich, sondern auch familiär vererbt werden kann. Ihre Sprache ist ruhig, präzise, fast sezierend – und trifft doch ins Herz. Das Buch ist im Haymon Verlag erschienen.
Sprachkunst trifft Bildkunst – Poetische Reflexionen
Julian Schutting: Anverwandlungen der Wirklichkeit
Julian Schutting hat bereits den Literaturpreis der Stadt Wien bekommen und widmet sich mit 87 Jahren einem ganz besonderen Genre. Denn in diesem Band über die österreichische Künstlerin Marilies Seyler nähert er sich in kurzen literarischen Skizzen ihren Werken – nicht analytisch, sondern poetisch. Die Texte begleiten Seylers filigrane Fotografien und Collagen, sie umkreisen sie, tasten sich voran, verwandeln Bild in Sprache. Herausgekommen ist ein fein komponierter Dialog zwischen Kunst und Literatur, zwischen Blick und Wort. Ein Buch für alle, die sich für leise, kontemplative Formen der Erzählung interessieren. Das Buch ist im Verlag Bibliothek der Provinz erschienen.
Historischer Roman mit Gesellschaftskritik
Eva Grübl: Schau der Welt direkt in die Augen
Der Roman von Eva Grübl erzählt die Geschichte zweier Frauen, die die Welt verändert haben: Anne Sullivan, die unbeirrbare Lehrerin, und Helen Keller, die taubblinde Schülerin, die später Schriftstellerin, Rednerin und Aktivistin wurde. Grübl, selbst ausgebildete Pädagogin für Hör- und Sehbehinderte, erzählt die berühmte Geschichte nicht nur nach, sondern lässt sie lebendig werden – mit großer Empathie und viel Fachwissen. Der Roman, der im Piper Verlag erschienen ist, zeigt, wie Sprache Türen öffnen kann, wo vorher Dunkelheit war – und wie Bildung, Geduld und Vertrauen ganze Leben verändern können.
Belletristik in Essayform
Barbi Marković: Stehlen, Schimpfen, Spielen
Barbi Marković legt mit diesem Buch eine ungewöhnliche Poetikvorlesung vor – oder vielmehr deren künstlerische Umrundung. Ausgangspunkt ist eine reale Situation: Die Autorin soll einen Vortrag halten, hat aber keine Zeit. Aus dem Druck heraus entsteht ein wildes, kluges, ironisches Buch über Kreativität, Zeitnot, Selbstzweifel und Originalität. Marković denkt über geistiges Eigentum nach, über Aneignung, Zitat und Stil – und schreibt dabei gleichzeitig ein Selbstporträt, das zwischen literarischem Manifest und performativer Improvisation oszilliert. Sprachlich verspielt, inhaltlich ernst – ein Text wie ein freier Fall in eine Welt zwischen Deadline und Denkraum. Das Buch ist im Rowohlt Verlag erschienen und einer der außergewöhnlichsten Buch-Tipps für diesen Sommer.