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Nina Petermandl erfand die SOMA Kerzen | Foto © Studio Valun

Valun: Wachs in den Händen

Nina Petermadl hat ihre kreative Energie in Valun gebündelt, das sich mit dem Medium Wachs beschäftigt. Daraus entstanden sind formschöne, minimalistische Kerzen sowie Wachsmalkreiden, die fast zu schön sind, um sie zu verwenden. Doch Wachs hat die Eigenschaft sich durch den Gebrauch seine Gestalt zu verändern und stehen damit symbolisch für jene Veränderungen im Leben, die auch unser Körper erlebt, wie Nina Petermandl im Gespräch mit dem #jungbleiben Magazin erzählt.

Wie kam es zu Studio Valun?

Valun wurde während der Pandemie und kurz nach der Geburt meines zweiten Sohnes im Winter 2020/21 ins Leben gerufen. Eine plötzliche Überforderung durch das Leben mit zwei kleinen Kindern, in Kombination mit tief verwurzelten Ängsten, führte mich in eine Erschöpfungsdepression, die mir über mehrere Monate den Boden unter den Füßen wegzog. Mama-Burnout ist real – und dennoch erhält dieses Thema in unserer heutigen Gesellschaft viel zu
wenig Aufmerksamkeit. Valun war für mich ein Ventil, durch das ich lernte, mehr auf mich selbst und meine psychische Gesundheit zu achten. Der Prozess des Kerzenziehens schenkte mir eine meditative Aufgabe und war eine der wenigen Tätigkeiten, bei denen es mir gelang, meine Gedanken auf nur eine Sache zu fokussieren. Dieser kreative Schaffensprozess erwies sich als äußerst heilsam für mich. Die Kerzen und Wachsmalstifte sind durch ihre besonderen Formen sofort Eyecatcher.

Was war beim Designen dafür ausschlaggebend?

Die Kerzen und Wachsmalstifte, insbesondere die unter dem Titel SOMA angebotenen Bienenwachskerzen, sind Ausdruck eines sehr persönlichen Gestaltungsprozesses. Jede Kerze wird von Hand gezogen und während ihrer Entstehung immer wieder von mir geformt. Dabei spielt der Körper eine zentrale Rolle in meiner Arbeit. Als dreifache Mutter war ich intensiv mit den Veränderungen meines eigenen Körpers konfrontiert – nicht nur auf physischer Ebene, sondern auch in Bezug auf meine psychische Gesundheit. Schwangerschaft und Geburt hinterlassen Spuren, und diese tiefgreifenden Transformationsprozesse des weiblichen Körpers finden in unserer Gesellschaft oft nicht den Raum und die Anerkennung, die sie verdienen. Mit meinen SOMA-Kerzen greife ich diese Themen bewusst auf. Sie sind ein Sinnbild für Wandel und Vergänglichkeit, für sichtbare und unsichtbare Spuren. Der Titel „nothing lasts forever, the fruity days are over“ spiegelt diese Veränderungen wider. Das Design meiner Stücke ist somit nicht nur ästhetisch, sondern auch tief persönlich und symbolisch. Bienenwachs als zentrales Element hat mich dabei besonders fasziniert. Die unterschiedlichen Phasen zwischen flüssig und fest bieten im Gestaltungsprozess eine außergewöhnliche Vielseitigkeit und Freiheit. Zudem ist Bienenwachs ein wunderbares Kreislaufprodukt, das sich immer wieder neu verwenden lässt – ein Material, das in seiner Einfachheit und Wandelbarkeit beeindruckt.

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Studio Valun in der Schottenfeldgasse 90 | Foto © Studio Valun

Wien hat in den letzten Jahren einen Boost in puncto Concept Stores, wie House of Auster, erfahren. Wie siehst du das als Designerin? Welche sind deine liebsten?

Für mich sind schöne Designstores wie gut sortierte Plattenläden. Sie laden zum Verweilen ein und bieten einen Ort, an dem man echte Schätze entdecken kann.
Besonders schätze ich jene Konzepte, die den Fokus auf Qualität und Regionalität legen, anstatt lediglich hippen Marken zu folgen, deren Produkte dann doch oft in Massenfertigung, weit entfernt von hier, entstehen. Es gibt so viele großartige Handwerkerinnen und Künstlerinnen in Österreich, die leider viel zu selten die Plattform bekommen, die sie verdienen. In Zeiten, in denen es auch auf Social Media immer schwieriger wird, eine gute Reichweite zu erlangen, sind solche Stores umso wichtiger. Wiener Stores, die mir diesbezüglich besonders gut gefallen sind z.B. die Sellerie, Ototo, Volta, Apa-To oder eben das House of Auster. Besonders freue ich mich auf das CREAM Designfestival, das am Wochenende vom 30. November bis 1. Dezember im Wiener Reaktor stattfindet. Dort präsentieren neben mir einige weitere regionale Designerinnen und Künstlerinnen ihre Werke.

Das skandinavische Design ist seit Jahren jetzt schon vorherrschenden. Wie sehr fügt sich Studio Valun in diese Designrichtung ein?

Mit meinen Stücken verfolge ich ganz bewusst den Ansatz, mich keiner bestimmten Designrichtung unterzuordnen. Die Entwürfe von Studio Valun spiegeln vielmehr meinen eigenen ästhetischen Anspruch wider, der stark von Minimalismus, Zeitlosigkeit und einem funktionalen Ansatz geprägt ist. Dabei geht es mir darum, eine gewisse Ruhe und Klarheit in meinen Arbeiten zum Ausdruck zu bringen. Zwar mag es Überschneidungen mit Elementen des skandinavischen
Designs geben, jedoch ist dies kein bewusstes Ziel meiner Arbeit. Vielmehr entstehen meine Kreationen aus einem tiefen, persönlichen Gestaltungsprozess, der sich nicht an modische Trends bindet.

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Skulptur von Studio Valun | Foto © Studio Valun

Du hast mit den Festivalgästen der Vienna Design Week bei einem Workshop deren mitgebrachte Gegenstände in Wachs getaucht. Was ist denn da alles dabei “konserviert” worden?

Die Festivalgäste haben eine wunderbare Vielfalt an Gegenständen mitgebracht – von Fotos, alten Postkarten, Pflanzen und Sand bis hin zu Stoffen. Es war faszinierend zu sehen, wie sich diese persönlichen Erinnerungsstücke durch das Eintauchen in Wachs in etwas Beständiges und zugleich ästhetisches verwandelten. Der Prozess des „Konservierens“ ist für mich eine große Inspirationsquelle, da er den vergänglichen Moment einfängt und ihn in eine greifbare, langlebige Form überführt. Es war sehr schön, zu beobachten, wie durch das Wachs eine neue, beinahe zeitlose Dimension der Objekte entstand. In den letzten Jahren sind traditionelle Handwerke, wie Töpfern oder eben auch das

Kerzenziehen, wieder bekannter und beliebter geworden. Woran liegt es, dass sich viele Menschen wieder diesen widmen?

In unserer schnelllebigen Gesellschaft sehnen sich viele Menschen zunehmend nach Entschleunigung und dem Bedürfnis, sich auf das Wesentliche zu besinnen. Traditionelle Handwerke wie das Töpfern oder das Kerzenziehen bieten eine wunderbare Möglichkeit, den Alltag mit all seinen medialen Ablenkungen hinter sich zu lassen und sich auf einfache, kreative Tätigkeiten zu konzentrieren. In solchen Workshops kann man eine bewusste Auszeit nehmen und etwas Eigenes schaffen, was nicht nur das Gefühl der Selbstwirksamkeit stärkt, sondern auch das Dopamin anregt. Während meiner Workshops bei der Vienna Design Week habe ich erlebt, wie die Teilnehmer:innen zunächst oft unruhig und ungeduldig starteten, doch mit der Zeit sichtbar ruhiger und entspannter wurden. Dieser entschleunigende Prozess, den das manuelle Arbeiten mit sich bringt, war für mich besonders schön zu beobachten. Es zeigt, wie wertvoll es ist, sich ganz bewusst auf eine kreative Tätigkeit einzulassen, die Körper und Geist gleichermaßen zur Ruhe kommen lässt.

Wie geht es mit Studio Valun weiter?

Im September hab ich mein Atelier in eine Tischlerwerkstatt in die Schottenfeldgasse 90 im 7. Bezirk gelegt. Neben drei tollen Tischler:innen und einer ebenso großartigen Malerin, hab ich nun die Möglichkeit, meine Räumlichkeit als Atelier und Showroom bzw. Shop zu nutzen. Wer vorbeikommen möchte, ist immer willkommen! Neben einem schönen physischen Raum entwickeln sich dabei auch Synergien, die in neuen Projekten münden könnten. Da ich neben Wachs auch eine große Leidenschaft für Holz und Metalle entwickelt habe, bin ich im Moment dabei, ein Produkt zu entwickeln, das alle drei Materialien verbindet.

 


Studio Valun
Schottenfeldgasse 90
1070 Wien

 

7. Oktober 2024
Studio 30/31 im #jungbleiben Portrait

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