Initiative Handarbeit
Fotos © Initiative Handarbeit e.V.

Weil Handarbeit (mehr) Initiative braucht

Die Initiative Handarbeit e.V. setzt sich seit Jahren für kreatives Gestalten mit Nadel und Faden ein – vom Stricken über Häkeln bis zum Nähen. Im Zentrum stehen dabei Nachhaltigkeit, Qualität und die Freude am Selbermachen. Das #jungbleiben Magazin hat mit Angela Probst-Bajak, Pressesprecherin der Initiative Handarbeit gesprochen, um mehr über ihre Arbeit, aktuelle Projekte und ihre Vision für die Handarbeit der Zukunft zu erfahren. Denn die Handarbeitsszene verändert sich gerade stark. “Wir beobachten, dass im Moment sehr viele junge Menschen mit dem Stricken und Häkeln starten. Events wie das Strickkino oder Workshops sind eine gute Möglichkeit, andere Maschenfans zu treffen und voneinander zu lernen”, so Probst-Bajak.

Wie entstand die Idee zur Gründung der Initiative Handarbeit e.V.?

Die Idee entstand bereits Ende der 1990er Jahren, die führenden Hersteller der Handarbeitsbranche haben sich zusammengeschlossen, um für das Hobby mehr Aufmerksamkeit zu erreichen und das Image von Handarbeiten positiv, modern und sinnstiftend in der Öffentlichkeit dazustellen.

… und wie kann man sich die Ziele des Vereins genauer vorstellen?  

Die Initiative Handarbeit vereint die führenden Unternehmen der Handarbeitsbranche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Gemeinsam setzen wir uns für die Zukunft des textilen Handarbeitens ein – als moderne, kreative und inspirierende Freizeitbeschäftigung. Unser Ziel ist es, den Markt nachhaltig zu stärken und ihn kontinuierlich weiterzuentwickeln. Als zentrale Plattform vernetzen wir die Branche, fördern den Austausch und sind ideeller Träger der führenden Fachmesse h+h cologne. Mit gezielten Aktionen motivieren wir zum Handarbeiten und unterstützen den Fachhandel. Gleichzeitig sind wir eine wertvolle Anlaufstelle für alle, die gerne stricken, nähen, häkeln oder sticken. Mit kreativen Ideen, kostenlosen Anleitungen und Schnittmustern inspirieren wir das ganze Jahr über zu neuen Projekten. Zudem engagieren wir uns für die Nachwuchsförderung und vernetzen die DIY-Community über unsere Social-Media-Kanäle.

 

nähen lernen handarbeit

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in den Projekten und Aktivitäten der Initiative Handarbeit e.V.?

Handarbeiten steht für bewussten Konsum, Werterhaltung und Langlebigkeit. Wer selbst näht, strickt oder häkelt, setzt ein Zeichen gegen Massenproduktion und für einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Selbstgemachte Unikate fördern Kreativität, reduzieren Abfall und verlängern die Lebensdauer von Kleidung und Accessoires. Als Initiative Handarbeit engagieren wir uns aktiv für nachhaltige Projekte. Mit Kampagnen wie „Make me Take me“ setzen wir uns für den bewussten Einsatz von Materialien und den Verzicht auf Einwegprodukte ein. Unser Ziel ist es, Menschen für einen nachhaltigen Lebensstil zu sensibilisieren und kreative Lösungen für eine umweltbewusste Zukunft zu fördern. Bis heute wurden fast 90.000 solcher Labels verschickt und selbstgemachte Taschen damit gelabelt.

Welche Zielgruppen möchten Sie besonders ansprechen, und wie versuchen Sie, diese für Handarbeit zu begeistern?

Es sind überwiegend Frauen die Handarbeiten. Wir spüren gerade eine große Begeisterung junger Leute für das Thema. Diese wollen wir gerne dauerhaft für das Hobby gewinnen.

Wo und wie kann man online neue DIY-Techniken für die Handarbeit lernen?

Wenn man die Grundtechniken gelernt hat, ist alles recht einfach. Wenn man neu beim Handarbeiten ist, braucht man etwas Geduld und Ausdauer – im Internet gibt es dann genügend Hilfestellungen, dass man sich stricken, häkeln oder nähen selbst beibringt. So findet man auf kinitti.de alle Grundtechniken.

“Handarbeit passt als kreativer Gegenentwurf zur Fast-Fashion-Mentalität und trifft den Nerv der Zeit.”

Angela Probst-Bajak, Initiative Handarbeit e.V.

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Wie hat sich die Wahrnehmung von Handarbeit und DIY-Trends in Deutschland in den letzten Jahren verändert?

Handarbeiten wird sehr positiv wahrgenommen und es ist trendy. Dies sieht man besonders in Metropolen, wo ganz neue Aktivitäten wie z.B. Knit in the Cinema oder Strickcafés entstehen. Das verstaubte Image gehört definitiv in die Vergangenheit.

Welches aktuelle Projekt auf der Plattform bekommt gerade besonders viel Aufmerksamkeit? 

Unsere aktuelle Aktion Mach Dein Ding findet sehr großen Anklang. Ein kleines Projekt – eine Mini-Bag gestrickt, gehäkelt oder genäht kommt ganz groß heraus: Die Designerin Anna Husemann hat eine trendige Mini-Bag für die Initiative Handarbeit entworfen, für die es Anleitungen zum Nähen, Stricken oder Häkeln gibt. Wer möchte, kann natürlich auch verschiedene Techniken kombinieren. Es ist ein Wettbewerb, wo aus einer Grundidee ein ganz persönliches Ding entsteht. Der Wettbewerb läuft bis zum 30. Juni. Die ausführlichen Anleitungen und das Schnittmuster für die genähte Tasche sind auf unserer Website abrufbar. Zusätzlich gibt es in vielen Fachhandelsgeschäften ein kostenloses Schnittmusterposter zur Aktion.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, die das Handarbeits-Handwerk heute bewältigen muss?

Wie die gesamte Wirtschaft steht auch die Handarbeitsbranche im Jahr 2025 vor weiteren Herausforderungen. Die gestiegenen Preise für Rohmaterialien und Energie führen zu höheren Produktionskosten für Hersteller, während gleichzeitig die Preissensibilität der Verbraucher:innen spürbar zugenommen hat. Zusätzlich wirken sich allgemeine Entwicklungen im stationären Handel auf die Branche aus: Die Attraktivität vieler Innenstädte leidet unter sinkender Publikumsfrequenz, hohen Mietkosten und Leerständen. Gerade die Handarbeit lebt jedoch von Inspiration, Beratung und einem besonderen Einkaufserlebnis – Aspekte, die in klassischen Innenstadtlagen zunehmend schwerer erlebbar sind.

“Die neue Generation bleibt mit ihrem Hobby nicht alleine zu Hause.”

Angela Probst-Bajak, Initiative Handarbeit e.V.

Und wie sieht es beim Nähen aus? 

Im Nähbereich sind spezifische Marktbewegungen spürbar. Im Bereich der Nähmaschinen ist nach der extremen Nachfrage während der Pandemie eine gewisse Normalisierung eingetreten. Viele Onlinehändler im Bereich Stoffe haben im vergangenen Jahr Lagerbestände durch Rabattaktionen abgebaut. Gleichzeitig wissen wir auch, dass viele Konsument:innen über massive Stoffvorräte verfügen, die zunächst verarbeitet werden, bevor neue Käufe getätigt werden. Dies führt kurzfristig zu einer zurückhaltenden Nachfrage. Materialien werden nicht mehr in größeren Mengen auf Vorrat, sondern gezielt für ein Projekt ausgewählt. Dennoch sieht die Branche positiv in die Zukunft: Durch kreative Konzepte, hybride Verkaufsmodelle und eine stärkere Verzahnung von Online- und Offline-Angeboten können Händler:innen und Hersteller Wege finden, Kund:innen weiterhin zu begeistern. Gleichzeitig bietet die wachsende gesellschaftliche Sensibilität für nachhaltigen Konsum neue Chancen. Handarbeit passt als kreativer Gegenentwurf zur Fast-Fashion-Mentalität und trifft den Nerv der Zeit. Besonders bei der jungen Zielgruppe gewinnen Themen wie Reparatur und Upcycling an Bedeutung. Selbstgemachte oder aufgewertete Kleidungsstücke stehen für Individualität, Ressourcenschonung und einen bewussten Umgang mit Mode.

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Welche Pläne oder Visionen hat die Initiative Handarbeit e.V. für die kommenden Jahre? Gibt es neue Trends oder Schwerpunkte, auf die Sie sich besonders freuen?

Wir glauben an die Zukunft textilen Handarbeitens, als kreative und inspirierende Freizeitbeschäftigung. Der Branchenverband geht davon aus, dass bei allen allgemeinen Schwierigkeiten die Handarbeitsbranche sich positiv behaupten wird. Handarbeiten liegt nicht zuletzt dank seiner positiven Wirkung für die seelische Gesundheit weiterhin im Trend. Die Branche hat es außerdem geschafft, mit attraktiven Produkten und Projekten eine neue, junge Zielgruppe zu erschließen.

Es gibt ja auch gerade Trends nicht alleine zu Hause zu sitzen, sondern unterwegs zu sein … 

Stricken im Kino erobert gerade als Trend ganz Deutschland. Egal ob in München, Berlin, Hamburg oder Karlsruhe, die Tickets für diese Handarbeits-Events sind überall innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. (Auch in Wien gibt es diese Formate, wie im Votiv Kino De France oder “Knitflix” im Filmzentrum im Rechbauerkino in Graz, Anm.) Statt alleine zu Hause auf der Couch zu stricken, wird sich im Kino mit anderen DIY-Begeisterten getroffen und nicht nur über den Film, auch über Strick- und Häkelfragen ausgetauscht. Die neue Handarbeits-Generation bleibt mit ihrem Hobby nicht alleine zu Hause. Stattdessen wird sich verabredet oder zu Kreativterminen angemeldet, die über Social Media-Kanäle geteilt werden. Bei diesen Gelegenheiten entwickeln sich aus Online-Bekanntschaften dann häufig Freundschaften im echten Leben.

 

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