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Fotos © FIVERS/Nigg, FIVERS/Jonas

FIVERS: Ein Handballverein spielt für die Zukunft

Als Thomas Menzl vor mehr als 30 Jahren das Angebot bekam das Management der FIVERS WAT Margareten im 5. Gemeindebezirk Wiens zu übernehmen, war der Verein zwar in der höchsten Österreichischen Liga, “jedoch nicht für seine exzellente Nachwuchsarbeit bekannt.”

Das Ziel war es also nicht nur Nachwuchsarbeit zu betreiben, sondern auch damit der Vorzeigeclub für Österreich zu werden. Bei den FIVERS blieb damit “kein Stein auf dem anderen” und so hat der Handball-Verein in den letzten Jahrzehnten ein Förderprogramm geschaffen, das auch außerhalb der Trainingshallen nachhaltig wirkt.

Das #jungbleiben Magazin hat mit dem Sport-Manager über seine Ziele gesprochen und was es für Kinder und Jugendliche bedeuten kann, wenn der Verein mehr als das reine Training bietet.

 

Erzählen Sie uns doch bitte über die Geschichte zum Jugendprogramm! Wie hat alles angefangen?

Thomas Menzl: “Vor 30 Jahren waren 2 bis 3 Jugendtrainer und 5 Teams aktiv. Heute stehen wir bei 15 Nachwuchstrainer:innen und 19 Jugend-Teams. Dazu wurden mehr Hallenzeiten für Trainings organisiert, Schulen in Margareten besucht, um die Kids zum Handball zu bringen u.v.m. Nach einigen Jahren war dann aufgrund der immer größer werdenden Nachwuchsabteilung der Schritt notwendig eine eigene Jugendleitung zu engagieren, die sich um den Nachwuchsaufbau kümmert und Großveranstaltungen organisiert. Das war ein Meilenstein, denn das gab es in Österreich im Handball bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Der nächste Meilenstein war dann geeignete Trainingsmöglichkeiten zu finden. Eine Traglufthalle am Bacherplatz wurde geschaffen und vor kurzem ist es uns gelungen mit dem Realgymasium Rainergasse eine Sportklasse zu etablieren, in der die tägliche Turnstunde umgesetzt wird.”

“Wir wollen nicht ‘bloß’ erfolgreiche Handballer hervorbringen – wir wollen auch dazu beitragen, dass schulische Herausforderungen gemeistert werden können.”

In welchen Bereichen unterstützt der Verein FIVERS Kinder und Jugendliche?

Thomas Menzl: “Bei den FIVERS stehen nicht nur die sportliche Belange im Fokus, denn das Umfeld und vor allem die schulischen Leistungen müssen stimmen, um sportlich erfolgreich zu sein. Aus diesem Grund haben wir vor rund zehn Jahren den FIVERS Lern- und Förderclub ins Leben gerufen. Dabei unterstützen die HLA MEISTERLIGA die FIVERS-Jugendspieler beim Lernen oder der Hausübung. Dank der großartigen Partner aus der Wirtschaft, wie z.B. Vöslauer, können wir das völlig kostenfrei mehrmals die Woche anbieten. Das Lernen mit den sportlichen Vorbildern ist eine tolle Sache und sorgt für Weiterentwicklung bei den Kindern und Jugendlichen. Wir wollen nicht ‘bloß’ erfolgreiche Handballer hervorbringen, wir wollen auch dazu beitragen, dass schulische Herausforderungen gemeistert werden können.”

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FIVERS-Manager Thomas Menzl übernahm vor 30 Jahren die Leitung des Vereins, der heute zu den besten Österreichs zählt. Fotos © FIVERS/Nigg, FIVERS/Jonas

Welche Initiativen gibt es bei den FIVERS derzeit? 

Thomas Menzl: “Ein weiteres Jugendprojekt ist die Raiffeisen Handball Kids Olympiade. Ein bis zwei Mal im Jahr kommen binnen einer Woche über 800 Schüler:innen vom Bezirk und der Umgebung in die Sporthalle Margareten und kommen so erstmals mit dem Handball und den FIVERS in Berührung. Durch diese Initiative können zahlreiche Kinder für den Sport begeistert werden. Zur Vereinsphilosophie zählt auch die Förderung eines friedlichen Miteinanders sowie die Integration. Dank der Initiative ‘Die FIVERS kommen zu Dir’ wird Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Handball in einem öffentlichen Park nähergebracht und es wird der kostenlose Besuch von Meisterschaftsspielen ermöglicht.”

Was ist bei der Förderung ganz besonders wichtig?

Thomas Menzl: “Gerade bei Kindern sieht man von Trainingseinheit zu Trainingseinheit große Fortschritte. Dennoch ist die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nicht immer ganz so einfach und und die Trainer:innen brauchen das nötige Feingefühl.”

Stichwort Mental Health: Hier steigen die Zahlen von Angsterkrankungen und Depressionen besonders im ersten Lebensabschnitt in unserer Gesellschaft rasant an. Gibt es Möglichkeiten, wie zum Beispiel Vereine hier entgegenwirken können?

Thomas Menzl: “Bei uns wird neben dem Schulalltag mit dem Handballtraining ein toller Ausgleich geboten. Dadurch werden soziale Kontakte gepflegt und neue Fähigkeiten erlernt. Die Freude am Spiel mit dem Team Siege zu feiern, aber auch Niederlagen bzw. Probleme zu bewältigen, fördert die zwischenmenschlichen Beziehungen und sozialen Fähigkeiten. Speziell in diesen Aspekten leistet der Sport einen wesentlichen Beitrag für unsere Gesellschaft. Wir arbeiten außerdem an der sozialen Kompetenz und dem Teambuilding im jährlichen Nachwuchs-Trainingslager, wo über 100 Kinder und Jugendliche eine Woche lang mit den Trainer:innen im BSFZ Maria Alm sind.”

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Letztes Jahr konnte das Trainingslager der FIVERS wieder in Maria Alm stattfinden. Fotos © FIVERS/Nigg, FIVERS/Jonas

Die beiden Pandemiejahre waren besonders für Kinder und Jugendliche hart. Wie hat sich dabei das Jugendprogramm umorientiert, um seine Arbeit fortzusetzen?

Thomas Menzl: “Anfangs war die Covid-19 Pandemie auch für die FIVERS eine Herausforderung. Wir haben begonnen zu improvisieren, hatten regelmäßig virtuelle Trainingseinheiten – vorwiegend im athletischen und koordinativen Bereich. Viele Eltern haben uns berichtet, dass die Einheiten der einzige Lichtblick in dieser mental schwierigen Zeit für die Kinder waren.”

“Seit der Einführung des HLA-Nachwuchspreises, sind die FIVERS 18-mal für die beste Nachwuchsarbeit aller österreichischen Handballvereine ausgezeichnet worden und zu einer Talenteschmiede geworden.”

Welche Erfolgsgeschichten gibt es hier zu erzählen? 

Thomas Menzl: “In den letzten Jahren haben sich wirklich einige sportliche Erfolge gesammelt und hoffentlich folgen noch viele weitere! Seit 2003 wurden in der Jugend 121 Titel im Nachwuchsbereich errungen, seien es Wiener oder Österreichische Meistertitel. Seit der Einführung des HLA-Nachwuchspreises vor 19 Jahren, sind die FIVERS 18-mal für die beste Nachwuchsarbeit aller österreichischen Handballvereine ausgezeichnet worden und zu einer Talenteschmiede geworden. Das zeigen auch die prominenten Abgänge, wie THW Kiel-Legionär und Österreichs Nationalteamkapitän, Niko Bilyk oder Lukas Hutecek und Ivan Martinovic. Alle spielen derzeit in der stärksten Handballliga der Welt, der deutschen Bundesliga.”

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Links: Vor zehn Jahren wurde der FIVERS Lern- und Förderclub ins Leben gerufen. Rechts: FIVERS-Jugendleiterin und Vorständin Sandra Zapletal Fotos © FIVERS/Nigg, FIVERS/Jonas

Erinnern Sie sich spontan an eine Geschichte?

Thomas Menzl: “Abseits vom sportlichen Faktor hat mich die Email einer Mutter eines Jugendspielers sehr berührt: ‘Zuhause hat mein Sohn nie die Konzentration mit mir zu lernen. Im FIVERS Lern-Camp und Förderclub war er aber vom ersten Tag an immer gerne. Es hat ihm Sicherheit gegeben und ihm sehr geholfen, dass es diese Konstante als Lernhilfe gibt. Trotzdem wurde seine Mathematik-Schwäche zunächst nicht besser. Dann hat Markus [Anmerkung: FIVERS-Spieler Kolar] mit mir gesprochen und gemeint, dass er Dyskalkulie bei meinem Sohn vermutet. Die Lehrerin in seiner Schule wollte davon nichts wissen und hat diese Möglichkeit verneint. Ich habe dann einen Test machen lassen bei dem tatsächlich Dyskalkulie diagnostiziert wurde. Mein Sohn macht nun eine entsprechende Therapie und seither deutliche Fortschritte in Mathematik. Ich möchte aber auch sagen, dass mein Sohn generell kein großes Selbstbewusstsein hatte und ihm das Handballspielen bei den FIVERS diesbezüglich enorm geholfen hat. Dafür bin ich den FIVERS und den Partnern enorm dankbar.’

 

 

Fotos: FIVERS/Nigg, FIVERS/Jonas

 

 

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